EuGH: Fernsehübertragung via Livestreaming nur mit Erlaubnis

Veröffentlicht am in Urheberrecht

Zugunsten mehrerer Fernsehsender entschied der EuGH in seinem Urteil vom 07.03.2013 (Az.: C-607/11), dass die Weiterverbreitung von Sendeprogrammen durch Livestreaming im Internet gegen europäisches Recht verstößt.

Eine derartige Weiterverbreitung stelle eine öffentliche Wiedergabe dar und verletze somit, soweit keine entsprechende Erlaubnis erteilt wurde, die Rechte der Fernsehsender aus der Urheberrechtsrichtlinie vom 22.05.2001 (RL 2001/21/EG).

Der Sachverhalt

Der britische Internet-Dienstanbieter TVCatchup Ltd. (TVC) betreibt eine Internetplattform. Durch frei zugängliche Streams ermöglicht die Plattform Nutzern, Fernsehsendungen und Filme in Echtzeit sowohl am eigenen PC als auch auf jedem mobilen Empfangsgerät  zu empfangen. Sie dient somit als digitales Abbild des Fernsehens.

Dabei stellt TVC sicher, dass User nur dann Zugang zu den Inhalten der Plattform erhalten, soweit sie bereits durch eine Fernsehempfangslizenz im Vereinigten Königreich berechtigt sind.

Durch Kontrollsysteme wird Nutzern die werbefinanzierte Dienstleistung verwehrt, wenn diese sich außerhalb des Hoheitsgebiets des Vereinigten Königreiches aufhalten oder keine Fernsehempfangslizenz vorweisen können. Dahingehend überprüft TVC den Aufenthaltsort der Nutzer und sperrt im Zweifel durch sogenanntes Geoblocking die IP-Adresse, so dass diese vom Empfang des Programmes ausgeschlossen ist.

Mehrere britische kommerzielle Fernsehsendeunternehmen sahen sich durch diese Geschäftsidee in ihrem „Recht der öffentlichen Wiedergabe“ verletzt und erhoben nach dem Copyright, Designs, and Patent Act von 1988 daher Klage vor dem High Court of Justice of England & Wales.

Da die streitentscheidende Norm des britischen Urheberrechtsgesetzes auf Unionsrecht basiert, wurde die Klage dem EuGH vorgelegt, um über dessen Auslegung zu entscheiden.

Die Entscheidung

Die Luxemburger Richter mussten in diesem Vorlageverfahren darüber entscheiden, ob Livestreaming von Fernsehsendungen im Internet eine Wiedergabe im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG darstellt, wenn diese Sendungen bereits terrestrisch verbreitet worden sind.

Grundsätzlich hat nach Art. 3 Abs. 1 Richtlinie 2001/29/EG der Urheber das ausschließliche Recht der drahtgebundenen oder drahtlosen öffentlichen Wiedergabe einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung des Werkes in der Weise, dass dieses Werk der Öffentlichkeit vom Ort und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist. Dieses Recht ist demnach gleich einer Verbotsnorm ausgestaltet. Soll ein Werk auf unterschiedliche Arten genutzt werden, muss daher der Urheber jeder neuen Nutzungsart zugestimmt haben.

Der EuGH charakterisierte das Livestreaming der Fernsehsendungen und Filme als Abweichung von dem Ursprungsverfahren, da TVC ein spezifisches technisches Verfahren verwandt habe.

(Urt. v. 07.03.2013, Az. C 607/11)

„[…] da eine Zugänglichmachung der Werke durch Weiterverbreitung einer terrestrischen Fernsehsendung über Internet nach einem spezifischen technischen Verfahren erfolgt, das sich von demjenigen der ursprünglichen Wiedergabe unterscheidet.“

Aufgrund dessen stellten die Richter klar, dass das Livestreaming eine von der ursprünglichen Weiterverbreitung abweichende eigenständige Nutzungsart darstellt und somit regelmäßig einer Erlaubnis des Rechtsinhabers bedarf.

Weitergehend müsste die Wiedergabe durch das Livestreaming öffentlich sein.

Nach Art. 3 Abs. 1 Richtlinie 2001/29/EG ist eine Öffentlichkeit gegeben, wenn eine unbestimmte Zahl potenzieller Nutzer die Möglichkeit hat, die Wiedergabe wahrzunehmen.

(Urt. v. 07.03.2013, Az. C 607/11)

„Dazu hat der Gerichtshof entschieden, dass der Begriff der Öffentlichkeit im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 eine unbestimmte Zahl potenzieller Adressaten umfasst und zudem eine ziemlich große Zahl von Personen impliziert (vgl. in diesem Sinne Urteil SGAE, Randnrn. 37 und 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).“

Die Weiterverbreitung durch die Dienstleistung der TVC ist zwar lediglich für im Vereinigten Königreich ansässige Nutzer vorgesehen, die eine Fernsehlizenz besitzen, jedoch schließt dies nicht den möglichen Zugang einer großen Zahl von Personen zum selben Werk aus. Demzufolge ist die Wiedergabe hinzukommend auch tatsächlich öffentlich.

(Urt. v. 07.03.2013, Az. C 607/11)

„Die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Weiterverbreitung der Werke über das Internet richtet sich an sämtliche im Vereinigten Königreich ansässige Personen, die über einen Internetanschluss verfügen und die erklären, Inhaber einer Fernsehlizenz in diesem Staat zu sein. Diese Personen können im Rahmen des „Livestreaming“ der Fernsehsendungen über das Internet nebeneinander Zugang zu den geschützten Werken haben. Somit richtet sich diese Weiterverbreitung an eine unbestimmte Zahl potenzieller Adressaten und erfasst eine große Zahl von Personen. Somit ist festzustellen, dass die geschützten Werke durch die in Rede stehende Weiterverbreitung tatsächlich im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 „öffentlich“ wiedergegeben werden.“

Fazit

Das unionsrechtliche Ziel der Richtlinie ist insbesondere, ein hohes Schutzniveau für Urheber zu erreichen (Art. 1 Abs. 1 Richtlinie 2001/29/EG). Die Entscheidung des EuGH ist dahingehend nur konsequent, da durch diese die Rechte so nah wie möglich bei dem Urheber verbleiben.

Das Urteil ist ein klares Signal zur Stärkung der Rechte der Urheber und Rechteinhaber, über Weiterverbreitungen entscheiden zu können. Hinzukommend wird durch diese Entscheidung eine angemessene Vergütung für urheberrechtliche Leistungen sichergestellt. Zukünftig sollten sich die Nutzer daher an die öffentlichen und privaten Fernsehsender halten und deren entsprechende Online-Angebote nutzen.