Berlin – Das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg hat in einem in der vergangenen Woche veröffentlichten Urteil eine Filesharing-Klage gegen einen Anschlussinhaber abgewiesen, der sich in dem Verfahren von der Rechtsanwaltskanzlei VON RUEDEN vertreten ließ (AG Charlottenburg, Urt. v. 30.06.2015, 206 C 158/15, nicht rechtskräftig). Die Universal Music GmbH habe die Rechte an dem Musikalbum „Große Freiheit“ der Künstlergruppe „Unheilig“. Es enthielte 16 Musiktitel. Dieses soll über den Internetanschluss des Beklagten öffentlich zugänglich gemacht worden sein. Die Universal Music GmbH machte daher Schadenersatzansprüche in Höhe von 2.500,- EUR geltend sowie 1.192,60 EUR Abmahnkosten bei einem Gegenstandswert von 40.000,- EUR.
Der Beklagte brachte dagegen vor, dass er zu dem fraglichen Tatzeitpunkt in einer studentischen Wohngemeinschaft gelebt habe. Neben seinem Bruder lebte noch eine weitere Person im Haushalt. Er legte detailliert dar, welche internetfähigen Endgeräte im Haushalt vorhanden waren und zu welchen Zwecken diese von wem genutzt wurden. Auch habe er die Personen alle befragt, jedoch kein verwertbares Ergebnis erreichen können.
Unter Berufung auf das Bear-Share Urteil des Bundesgerichtshofs führt das Gericht aus, dass „keine tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Beklagten“ spreche. Eine solche tatsächliche Vermutung sei nicht begründet, wenn feststünde, dass zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung auch andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten. Dies ist immer dann der Fall, wenn der Anschluss bewusst anderen zur Nutzung überlassen werde.
Anschlussinhaber bestreitet die Tat nicht ausdrücklich
Unschädlich sei, dass der Beklagte die Tat nicht bestritten hat, denn dies ergebe sich „aus seinem übrigen Vortrag, der allein darauf abstellt, dass es ein Dritter gewesen sei“, heißt es in dem neunseitigen Urteil.
Diesen Vortrag bestritt die Universal Music GmbH mit Nichtwissen. Soweit die Klägerin versucht hat, die von dem Kläger benannten Personen als Zeugen zu benennen, handele es sich nach Auffassung des Gerichts um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis. Eine Beweisaufnahme würde lediglich dazu dienen, herauszufinden, wer die Verletzungshandlung tatsächlich begangen habe.
„Soweit die Klägerin der Auffassung ist, der Bundesgerichtshof habe in seinen Entscheidungen aus der vorletzten Woche „in erfreulicher Deutlichkeit bestätigt, dass […] dieser Vortrag zur Erschütterung der tatsächlichen Vermutung bewiesen werden muss, wenn er bestritten wird“, so verkennt sie, dass der BGH in keinem der drei Rechtsstreite über die Beweislast im Falle ausreichenden Tatsachenvortrags zur Erschütterung der Vermutung zu entscheiden hatte. Es ging in dem „Mallorca-Fall“ gerade nicht darum, dass die Beklagtenseite einen alternativen Geschehensablauf dargetan hatte. Vielmehr habe sie behauptet, niemand aus der Familie komme als Täter in Betracht, da sich die gesamte Familie im Urlaub befunden habe. Dies ist aber gerade kein Vortrag im Sinne der BearShare-Entscheidung.“
AG Charlottenburg: Belehrungspflicht gegenüber anderen WG-Mitgliedern
Das Amtsgericht führt zwar aus, dass der Beklagte nicht als Störer in Anspruch genommen werden könnte, da gegenüber volljährigen Familienmitgliedern grundsätzlich keine anlasslose Belehrungspflichten bestünde. Gegenüber anderen Mitgliedern einer Wohngemeinschaft würden diese jedoch bestehen. Allerdings konnte in dem vorliegenden Fall die Frage offen bleiben, ob eine ordnungsgemäße Belehrung ausgesprochen worden war, denn zumindest der Bruder des Beklagten kam nach Auffassung des Amtsgerichts ernsthaft als Täter der Rechtsverletzung in Betracht, weshalb das Amtsgericht nicht auszuschließen vermochte „ob eine fehlende Belehrung ursächlich für die Rechtsverletzung“ gewesen wäre.