Richter des Landgerichts Braunschweig konkretisieren Anforderungen an sekundäre Darlegungslast

Veröffentlicht am in Urheberrecht

Das Team von Abmahnhelfer.de konnte für einen Mandanten der Rechtsanwaltskanzlei VON RUEDEN erfolgreich eine Berufung abwehren. In der Entscheidung setzten sich die Richter mit der neuesten Entscheidung des Bundesgerichtshofs auseinander und konkretisierten die Anforderungen an die sogenannte sekundäre Darlegungslast.

Die Klägerin, die KSM GmbH, vertreten durch die Rechtsanwaltskanzlei Baumgarten und Partner, hatte dem Anschlussinhaber erstinstanzlich vorgeworfen, den Actionthriller „Never Surrender“ über eine Tauschbörse heruntergeladen und damit zeitgleich anderen Nutzern der Tauschbörse zugänglich gemacht zu haben. Vor dem Amtsgericht Braunschweig klagte die KSM GmbH insgesamt 955,60 Euro ein. Die Klage wurde abgewiesen (AG Braunschweig, Urt. v 13.10.2015, 117 C 2852/15). Zur Begründung hatte das Amtsgericht unter anderem ausgeführt, dass der ermittelte Hashwert eine verlässliche Aussage dazu treffe, dass es sich bei der angebotenen Datei um eine vollständige Version des Films handele.

Filmindustrie klagt auf knapp 1.000 Euro Schadenersatz

Nach Auffassung des Landgerichts Braunschweig (LG Braunschweig, Urt. v. 19.10.2016, 9 S 456/15) besteht zwar gegen den Anschlussinhaber eine tatsächliche Vermutung. Diese Vermutung hat den Inhalt, dass der ermittelte Anschlussinhaber zugleich auch der Täter der Rechtsverletzung war und daher zum Schadenersatz verpflichtet ist.

Das Landgericht hebt aber hervor, dass diese tatsächliche Vermutung nur dann eingreift, „wenn es sich bei dem Anschlussinhaber um den alleinigen Nutzer des Anschlusses handelt, also nicht in Fällen, in denen Familienangehörige oder Bekannte des Anschlussinhabers bzw. unberechtigte Dritte als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Das Eingreifen der tatsächlichen Vermutung der Täterschaft des Beklagten, auf die die Klägerin ihre Rechtsauffassung maßgeblich stützt, würde also voraussetzen, dass die Klägerin darlegt und unter Beweis stellt, dass der Beklagte im Zeitpunkt der behaupteten Rechtsverletzung alleiniger Anschlussnutzer war.“

Sekundäre Darlegungslast – Anschlussinhaber muss Nutzung anderer nur plausibel vortragen

Das Landgericht konkretisiert die Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast mit folgenden Worten: „Im Rahmen dieser sekundären Darlegungslast hat der jeweilige Beklagte zumindest vorzutragen, ob er den fraglichen Anschluss alleine nutzt bzw. welche Familienangehörigen, Bekannte oder Dritte ebenfalls zur Nutzung des Anschlusses in der Lage waren bzw. gewesen sein könnten. […] Insoweit genügt der substantiierte Vortrag des jeweiligen Beklagten zu den Mitbenutzungsmöglichkeiten Dritter, insbesondere dazu, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzungsverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen.“

Beklagter hat keine Untersuchungspflichten

Weiter führt das Landgericht aus, dass der Anschlussinhaber die Familienmitglieder, die den Anschluss im Zeitpunkt der behaupteten Rechtsverletzung regelmäßig mitbenutzen konnten, ermittelt und namentlich benennt. Auch etwaige Zugriffsmöglichkeiten durch unbefugte Dritte seien konkret darzulegen. Unzumutbar sei es hingegen, den Täter der Rechtsverletzung konkret zu ermitteln und diesen namentlich zu benennen. Auch sei nicht der jeweilige Computer auf Filesharingsoftware zu untersuchen, noch sei konkreter Vortrag zu den An- und Abwesenheitszeiten der anderen Nutzer zu fordern, da die Nutzung von Filesharingsoftware ohnehin nicht die Anwesenheit des Nutzers voraussetzt.