OLG Karlsruhe: Weitgehende Pflicht zur Löschung eines Bildes nach Abgabe der Unterlassungserklärung wegen unberechtigter Bildnutzung

Veröffentlicht am in Urheberrecht
OLG Karlsruhe: Weitgehende Pflicht zur Löschung eines Bildes nach Abgabe der Unterlassungserklärung wegen unberechtigter Bildnutzung

Kürzlich hat das OLG Karlsruhe entschieden, dass derjenige, der eine Unterlassungserklärung wegen einer Urheberrechtsverletzung abgegeben hat, dafür Sorge zu tragen hat, dass jeder weitere Verstoß vermieden wird. Es reicht aus, wenn das betreffende Foto über den direkten URL-Aufruf online erreichbar ist. Einer Einbettung in eine HTML-Seite bedarf es allerdings nicht (Urteil vom 12.09.2012, Az.: 6 U 58/11).

Sachverhalt

Die Beklagte, Betreiberin eines Shopping- und Internetportals, hatte Ende 2009 ein Bild im Rahmen eines Artikels auf ihrem Portal veröffentlicht, ohne hierzu eine Erlaubnis besessen zu haben. Die Beklagte hatte daraufhin wegen der unberechtigten Lichtbildnutzung eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, wodurch sie sich verpflichtete,

„es zukünftig bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung von den Unterlassungsgläubigern nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) festzusetzenden und im Streitfall vom zuständigen Amts- bzw. Landgericht auf Angemessenheit zu überprüfenden Vertragsstrafe zu unterlassen, das nachfolgend wiedergegebene Lichtbild ohne Lizenz der Unterlassungsgläubiger im Internet zu nutzen […]“.

Anfang des darauffolgenden Jahres konnte das Foto jedoch wieder abgerufen werden, denn es war immer noch auf einem Server der Beklagten gespeichert. Nun forderte die Klägerin von der Beklagten eine Summe von 7.500,- Euro, die sie allerdings nicht zahlen wollte.

Entscheidung

Die Richter entschieden, dass die öffentliche Zugänglichmachung eines Lichtbilds gem. § 19a UrhG schon in der abstrakten Möglichkeit der Erreichbarkeit durch Eingabe der betreffenden URL bestehe. Die Richter sahen hier eine Verletzung der Unterlassungserklärung. Die Beklagte sei verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass das betreffende Foto nicht mehr über die Website oder die von ihm verwendete URL öffentlich zugänglich gemacht werde. Ein strafbewehrtes Zugänglichmachen sei laut Urteil auch bei einer sehr aufwendigen URL gegeben:

„[…] Ein Zugänglichmachen in diesem Sinn wird nicht dadurch objektiv ausgeschlossen, dass eine URL so aufwendig ausgestaltet ist, dass sie als Sicherheitscode kaum überwunden werden könnte. Es spricht nach Auffassung des Senats viel für die Richtigkeit der vom Oberlandesgericht Hamburg vertretenen Auffassung, schon die abstrakte Möglichkeit der Erreichbarkeit durch Eingabe der betreffenden URL reiche für § 19 a UrhG aus (OLG Hamburg, Urt. v. 14.03.2012, 5 U 87/09) […]. Für den Streitfall ist entscheidend, dass es Dritten dann, wenn – wie im Streitfall – eine Verlinkung mit einer Website bestanden hat, möglich bleibt, das im Internet zugängliche streitgegenständliche Lichtbild auch ohne genaue Kenntnis der URL aufzufinden. Das ermöglichen zum einen auf den Rechnern Dritter gespeicherte URLs, welche die Nutzer unmittelbar auf die noch vorhandene Datei führen. […]“

Dieser Sorgfaltspflicht sei die Beklagte nicht nachgekommen. Es sei weiterhin möglich, das Foto direkt aufzurufen. Dabei sei es unerheblich, ob nach Entfernung aus dem redaktionellen Beitrag Suchmaschinen das Bild nicht mehr auffinden würden. Entscheidend sei alleine die direkte URL-Abrufbarkeit. Die Beklagte hätte sicherstellen müssen, dass das Foto vollständig entfernt wird.

Im Urteil heißt es dazu:

„[…] Fahrlässig handelt, wer das Maß der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt außer Acht lässt. Richtig ist, dass das Sich-Verlassen auf eine im Normalfall fehlerfrei arbeitende Software für sich genommen kaum den Vorwurf mangelnder Sorgfalt begründen könnte.

Vorliegend ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Beklagte durch die rechtswidrige Verwendung des streitgegenständlichen Lichtbildes in ihrem Internet-Angebot bereits fortlaufend subjektive Rechte Dritter, nämlich der Zedenten, verletzte. Wenn sie sich nunmehr zur künftigen Unterlassung dieser Verletzungen verpflichtete, so war von ihr ein besonderes Maß an Sorgfalt bei der Umsetzung der dazu erforderlichen Maßnahmen zu erwarten. Bei Einhaltung dieser Sorgfalt hätte die Beklagte festgestellt, dass mindestens bei einigen Servern der von ihr behauptete Löschbefehl nicht ausgeführt worden war. Eine nähere Überprüfung durfte nicht deshalb unterbleiben, weil das rechtswidrig verwendete Lichtbild nach Darstellung der Beklagten womöglich auf mehreren Dutzend Servern gespeichert war. Deshalb entlastet die vorgetragene Kontrolle der Abrufbarkeit des Lichtbildes anhand der URL durch einen Mitarbeiter die Beklagte nicht. Es kann offen bleiben, ob dasselbe zu gelten hätte, wenn das Vorhandensein rechtsverletzende Informationen auf mehreren hundert oder tausend Rechnern zu überprüfen wäre, was individuell und händisch kaum zu bewerkstelligen wäre. Im Hinblick auf die Bedeutung einer vertragsstrafenbewehrten Unterlassungsverpflichtung, die von der Beklagten aller Wahrscheinlichkeit nach nicht täglich und nicht in großer Zahl abgegeben wird, wäre es jedenfalls zu erwarten gewesen, selbst dreißig Server einzeln auf womöglich noch vorhandene verletzende Dateien zu untersuchen. […]“

Fazit

Dieses Urteil zeigt sehr gut, welche Risiken mit so einer Bildlöschung verbunden sind, und dass ein bloßes „sich darauf verlassen, dass alles mit Hilfe einer speziellen Software schon gelöscht werde“ nicht ausreiche. Ansonsten laufe man Gefahr – trotz etwaiger Bemühungen, dies zu vermeiden – kostenpflichtig abgemahnt zu werden.