Die Deutsche Post und Informationsmaterial der NPD

Veröffentlicht am in Verbraucherrecht

Ein Urteil, das bei den meisten auf Unverständnis treffen wird: Infolge einer Niederlage vor Gericht muss die Deutsche Post im Raum Leipzig eine NPD-Zeitschrift ausliefern. Geklagt hatte die sächsische NPD-Fraktion.

Sachverhalt

Die NPD ist Herausgeber einer Druckschrift mit dem Titel „Klartext“. In dieser Druckschrift wird über ihre Fraktionsarbeit und über aktuelle politische Themen berichtet. Die Druckauflage umfasst 200.000 Stück und soll im Raum Leipzig an alle Haushalte geliefert werden. Das diese beabsichtige Verteilung der Druckschrift auf Widerstand trifft, liegt auf der Hand. Kurzerhand hatte die Deutsche Post klargestellt, dass für die Verteilung der Druckschriften kein Beförderungszwang bestehe, weil die „ zu verteilende Publikation nicht konkret adressiert werde“. Zudem handele es sich bei dem Druckwerk lediglich um eine Postwurfsendung, deren Verteilung keiner Regulierung unterliege. Die NPD teilte die Meinung der Deutschen Post nicht und führte hierzu aus, dass sie verpflichtet sei, mit ihr einen entsprechenden Rahmenvertrag über die Beförderung und Verteilung der Publikation als Postwurfsendung abzuschließen.

Eine Klage der NPD-Fraktion vor dem LG Leipzig hatte das Gericht abgewiesen. Des Weiteren hatte das OLG Dresden die Berufung der NPD-Fraktion zurückgewiesen.

Entscheidung

Nun hat der 1. Zivilsenat des BGH in seinem Urteil endgültig entschieden, dass die Deutsche Post zur Verteilung verpflichtet ist. Sie muss demnach auch Informationsmaterial von Rechtsextremen austragen. Infolgedessen wurde die Deutsche Post nun dazu verpflichtet, mit der NPD-Fraktion einen Rahmenvertrag über die Beförderung der Druckschrift abzuschließen. Laut Mitteilung des Karlsruher Gerichtshofs handelt es sich bei der nachgefragten Leistung um eine Universaldienstleistung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 3 Postuniversaldienstleistungsverordnung (PUDLV). Zudem sieht § 2 der Postdienstleistungsverordnung (PDLV)  vor:

 „Um die flächendeckende Grundversorgung mit Postdienstleistungen sicherzustellen, sieht die gesetzliche Regelung vor, dass die Lizenzträger, zu denen die Deutsche Post zählt, verpflichtet sind, bestimmte Postdienstleistungen, sogenannte Universaldienstleistungen, zu erbringen“.

Hierzu führt der Gerichtshof aus, dass es sich bei der Druckschrift „Klartext“ um eine periodisch erscheinende Druckschrift handele, die zu dem Zweck herausgegeben werde, die Öffentlichkeit über Tagesereignisse oder Fachfragen durch presseübliche Berichterstattung zu unterrichten. Diesbezüglich betonte er ferner, dass entgegen der Auffassung der Oberlandesgerichts es keinen Einfluss auf die Entscheidung haben dürfe, dass die Publikation für Politik und Arbeit der Fraktion werbe. Im Ergebnis, so die Richter, fördere dies auch die grundgesetzlich garantierte Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG), denn diese beinhalte auch, dass Erzeugnisse der Presse dem Empfänger so günstig wie möglich zuzuführen seien.

„Die Pressefreiheit begründet für den Staat jedoch eine inhaltliche Neutralitätspflicht, die jede Differenzierung nach Meinungsinhalten verbietet.“

Der Gerichtshof ließ den Einwand der Deutschen Post, dass es sich beim „Klartext“ nicht um eine periodisch erscheinende Druckschrift handele, nicht gelten. Es reiche aus, wenn die Druckschrift nach ihrer Aufmachung, anders als ein Flugblatt, auf das für eine Zeitung oder Zeitschrift übliche periodische Erscheinen angelegt sei und keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass sie trotz dieser Aufmachung nur gelegentlich publiziert werden solle.

Ferner spreche auch die Tatsache, dass die Druckschriften nicht adressiert seien, nicht gegen eine Einordnung als Universaldienstleistung. Diesbezüglich setzte der Gerichtshof fest, dass wenn der Empfängerkreis hinreichend bestimmt sei, die Beförderung von nicht adressierten Sendungen keinen für die Beklagte unzumutbaren Schwierigkeiten unterliege und dem Bedürfnis Rechnung trage, auch die Beförderung von Massendrucksachen zu ermöglichen, die sich an eine Vielzahl von Empfängern richten.

Die Richter betonten noch, dass von einer Beförderung nur abgesehen werden könne, wenn „besondere Ausschlussgründe“ vorlägen, etwa weil der Inhalt der Publikation gegen strafrechtliche Bestimmungen (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 PUDLV) verstoße oder rassendiskriminierendes Gedankengut enthalte (§ 1 Abs. 3 Nr. 4 PUDLV). Allerdings hat die Deutsche Post diesbezüglich keine Angaben gemacht.

Urteil vom 20. September 2012 ­ I ZR 116/11
LG Leipzig – Urteil vom 22. Dezember 2010 ­ 1 O 1114/10
OLG Dresden – Urteil vom 26. Mai 2011 ­ 8 U 147/11