Rechtsmissbräuchliche Ausübung des Verbraucherwiderrufsrechts?

Veröffentlicht am in Verbraucherrecht

BGH Urteil 12. Juli 2016 – XI ZR 501/15

Der BGH hat mit seinem Urteil vom 12. Juli 2016 zu der Thematik des Verbraucherwiderrufsrechts verbraucherfreundliche Grundsätze zum Einwand des Rechtsmissbrauchs bei der Ausübung eines Widerrufsrechts aufgestellt.

Der Fall

Der Kläger schloss im November 2001 mit einer Bank einen Darlehensvertrag, der der Finanzierung einer Beteiligung an einer Fondsgesellschaft diente. Der Kläger zahlte das Darlehen bis 2007 in voller Höhe zurück. Im Juni 2014 widerrief er den Abschluss des Darlehensvertrags. Er verlangte Rückzahlung des Geldes gegen Herausgabe seiner Fondsbeteiligung. Die Widerrufsfrist begann nicht zu laufen, da die Widerrufsbelehrung fehlerhaft war. Die Bank meinte, der Widerruf sei rechtsmissbräuchlich und daher verwirkt.

Die Brisanz

Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg hat dem Kläger das Recht zum Widerruf mit dem Argument des Rechtsmissbrauchs verwehrt. Es legte dem Kläger zur Last, er habe das Recht zum Widerruf nutzen wollen, um sich von einer negativen Investitionsentscheidung lossagen zu können. Dieses Thema wurde bisher in der Rechtsprechung kontrovers behandelt.

Die Entscheidung des BGH

Der BGH erteilte der vorinstanzlichen Entscheidung des Oberlandesgerichts nun eine Absage. Er entschied, das Oberlandesgericht dürfe das Motiv des Klägers für eine Ausübung seines Widerrufsrechts nicht allein deshalb zu Lasten des Klägers in seine Gesamtwürdigung einbeziehen, weil es außerhalb des Schutzzwecks des Widerrufs stünde. Das Oberlandesgericht hat nunmehr erneut über den Fall zu entscheiden.

Die Folge

Damit stellt der BGH für alle Gerichte verbindlich fest, dass einem Verbraucher das Widerrufsrecht nicht allein deshalb verwehrt werden kann, weil er sich durch den Widerruf von einem Vertrag mit negativen finanziellen Folgen lösen möchte. Das Motiv des Widerrufs ist nicht ausschlaggebend. Entscheidend ist vielmehr, ob die Widerrufsbelehrung fehlerhaft war.

Für den Verbraucher begrüßenswert.

Banken und Sparkassen können der Ausübung eines Widerrufs nunmehr nicht allein mit dem Argument entgegentreten, der eigentliche Zweck des Widerrufs bestünde in der Loslösung vom Vertrag um Kosten zu sparen. Dies begründet keinen Rechtsmissbrauch. Der Widerruf kann dem Verbraucher daher allein mit diesem Argument nicht mehr verwehrt werden. Das Motiv für einen Widerruf ist nicht entscheidend.

Verbraucher haben durch die Rechtsprechung des BGH gute Karten ihren Widerruf gegen Banken durchzusetzen.

Zugunsten des Verbrauchers wurde der Einwand des Rechtsmissbrauchs bei Ausübung eines Verbraucherwiderrufsrechts somit stark eingeengt. Das Recht zum Widerruf wurde durch die neue Entscheidung gestärkt.

Wird der Widerruf von den Banken nicht akzeptiert, kann mit rechtlicher Fachkenntnis oft eine außergerichtliche Lösung gefunden oder der Widerruf gerichtlich durchgesetzt werden.