Bundeskartellamt beanstandet Vertriebsbeschränkungen von ASICS

Veröffentlicht am in Wettbewerbsrecht

Seit dem vergangenen Sommer sind die Vertriebsbeschränkungen großer Markenhersteller ein wichtiges Thema im Online-Handel: Damals hatten diverse Unternehmen den Verkauf der eigenen Produkte über Marktplätze wie Amazon oder eBay von vornherein verboten. Das Bundeskartellamt hat nun starke Bedenken gegenüber solchen Beschränkungen – speziell im Falle des Sportartikelherstellers ASICS – geäußert. Laut einer aktuellen Pressemitteilung des Bundeskartellamts enthalte das selektive Vertriebssystem von ASICS eine Reihe unzulässiger Wettbewerbsbeschränkungen. Dies stellte das Amt nach einer vorläufigen Prüfung fest. Der vorliegende Fall ist insbesondere für Unternehmen interessant, die spezielle Vertriebssysteme für ihre Produkte etabliert haben. Denn diese werden unter Umständen ihre Bestimmungen gleichermaßen an kartellrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen zu messen haben.

Die Problematik bei selektiven Vertriebssystemen

Selektive Vertriebssysteme sind bestimmte vertragliche Bindungen zwischen Herstellern und Händlern. Hierbei ist entscheidend, dass die Händler die Produkte von vornherein nur zu bestimmten Konditionen weiter verkaufen dürfen. Die Zulässigkeit solcher Vertriebssysteme lässt sich aber nicht allein an wenigen Kriterien festmachen. Vielmehr müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein, die die Wettbewerbsbehinderung ausnahmsweise als zulässig erscheinen lassen. Unter kartellrechtlichen Bedingungen ist zum einen wichtig, welchen prozentualen Marktanteil das Unternehmen hat, das ein derartiges Vertriebssystem durchsetzen will. Zum anderen kommt es auch auf die Art der Vertriebsbeschränkungen an sich an.

Unter ganz bestimmten Voraussetzungen kann beispielsweise der Online-Vertrieb grundsätzlich ausgeschlossen werden. Auch einzelne Online-Plattformen können ausgeschlossen werden. Darüber hinaus kann der Online – Vertrieb auch an qualitätssichernde Voraussetzungen geknüpft werden. Diese können technischer Natur sein oder auch die Gestaltung des Verkaufsumfeldes betreffen. Unternehmen argumentieren in diesem Fall zumeist mit dem Schutz vor „Verramschung“ ihrer Waren.

Da solche selektiven Vertriebssysteme den Markt stark einschränken können, gilt für diese das kartellrechtliche Behinderungsverbot. Dabei sind bestimmte Bereiche durch sogenannte Gruppenfreistellungsverordnungen (GVO) ausgenommen. Für Vertriebssysteme ist am wichtigsten die sogenannte Vertikal-GVO.

Vorwurf gegenüber ASICS: Vertriebsbeschränkungen als Wettbewerbsbeschränkungen

Das Bundeskartellamt sieht nach eigenen Angaben die Online-Beschränkungen des Sportartikelherstellers ASICS Deutschland kritisch. Im Wesentlichen geht es dabei darum, dass die Laufschuhe des Unternehmens ausschließlich über autorisierte Händler an Endkunden verkauft werden dürfen. Grundsätzlich darf ein Hersteller natürlich Verträge frei schließen. „Es ist allgemein anerkannt, dass Hersteller ihre Händler nach bestimmten Kriterien auswählen dürfen und Qualitätsanforderungen aufstellen können“, kommentiert der Präsident des Bundeskartellamtes, die gängige Praxis auf dem Markt.

Ausnahmen ergeben sich jedoch dort, wo es zu Wettbewerbsbeschränkungen kommt. Dies hat seinen Grund: Denn selektive Vertriebsbeschränkungen können nämlich nicht nur dem anerkannten und zulässigen Ziel dienen, ein qualitativ hochwertiges Produkt zu sichern. Ebenso besteht die Gefahr, dass es zu Marktbehinderungen kommt. Nach der vorläufigen Einschätzung durch das Bundeskartellamt dienen die Vertriebsbeschränkungen von ASICS nicht in erster Linie der Qualitätssicherung, sondern „vorrangig der Kontrolle des Preiswettbewerbs im Online- sowie im stationären Vertrieb.“ Damit mache sich der Sportartikelhersteller seine starke Marktposition zunutze und schieße über das Ziel üblicher Verfahrensweisen hinaus, indem er Händlern ganz grundsätzlich den Verkauf über digitale Marktplätze verbiete.

Drei Verbote bilden ein Gesamt-Verbot für den Online-Verkauf

Die größten Kritikpunkte bilden dabei drei Verbote, die ASICS aufgestellt hat:

    1. Den Händlern wird ohne Ausnahme (!) die Nutzung digitaler Marktplätze wie Amazon oder eBay untersagt.
    2. Die Beschränkungen umfassen ein Nutzungsverbot von Preisvergleichsmaschinen, die Händlern bei der Festlegung der Verkaufspreise sowie bei der Marktbeobachtung helfen könnten.
    3. Es ist grundsätzlich verboten, das Markenzeichen von ASICS auf Internetseiten Dritter zu verwenden – selbst dann, wenn Kunden lediglich in den Web-Shop des autorisierten ASICS – Händlers weitergeleitet werden sollen.

Diese Verbote seien im Einzelnen jeweils eine „unzulässige Kernbeschränkung“, doch in ihrer Einheit bilden sie laut Bundeskartellamt ein „de-facto-Verbot des Internetvertriebs“. Auch weitere Kriterien der Vertriebsbeschränkungen, wie zum Beispiel die teilweise Bindung der Händler an ein sehr eingeschränktes Produktsortiment, stehen im Fokus der Kritik.

eBay zeigt sich erfreut über die Kritik des Bundeskartellamtes

Bereits kurz nach der Veröffentlichung der Pressemitteilung durch das Bundeskartellamt gab auch eBay eine Stellungnahme zu der aktuellen Entwicklung ab. Stephan Zoll, Vice President von eBay Deutschland, betonte: „Wenn Händler davon abgehalten werden, ihren Online-Kunden das volle Sortiment ihrer Ware anzubieten, werden sowohl Verkäufer als auch Verbraucher durch geringere Auswahlmöglichkeiten und höhere Preise geschädigt. Händler und Konsumenten aus Deutschland haben ein Recht darauf, die Vorteile des E-Commerce in vollem Umfang nutzen zu können.“ Aus diesem Grund begrüße das Unternehmen schon jetzt – obwohl eine finale Entscheidung durch das Bundeskartellamt noch aussteht – „die klaren Grenzen“, die das Bundeskartellamt im Falle solcher digitalen Vertriebsbeschränkungen aufgestellt hat. Laut eBay gehört es zu den eigenen Zielen, die Wettbewerbsfähigkeit auf dem globalen Markt zu stärken. Eine Beschränkung des Verkaufs auf Online – Marktplätzen wird daher von eBay abgelehnt.

Bis zum 10. Juni 2014 habe ASICS nun Zeit, dem Bundeskartellamt gegenüber eine Stellungnahme abzugeben. Darüber hinaus untersuche die Bonner Behörde nicht nur die Praktiken bei ASICS, sondern nimmt auch die Vertriebsbeschränkungen des Konkurrenten Adidas in den Fokus.