[VR WISSEN]
Untersuchungshaft, kurz U-Haft genannt, ist eine verfahrenssichernde Ermittlungsmaßnahme, die die Staatsanwaltschaft während einer Ermittlung beantragen und ein zuständiges Gericht anordnen kann. Für Beschuldigte bedeutet die Zwangsmaßnahme die Unterbringung in einer speziellen Abteilung einer JVA.
Untersuchungshäftlinge sind auf die Hilfe anderer angewiesen, damit sie sich in der U-Haft nicht hilflos und verloren fühlen. Als Haftgrund nennt die Staatsanwaltschaft meist die hohe Wahrscheinlichkeit einer Fluchtgefahr. Gegen diese Begründung können wir oft erfolgreich vorgehen.
VON RUEDEN & HEYSE unterstützen Beschuldigte bei der Anfechtung einer Untersuchungshaft. Wir nehmen schnellstmöglich Akteneinsicht, identifizieren entlastendes Material und erwirken falls möglich, die Aufhebung des Haftbefehls.
Lassen Sie sich von uns beraten!
Für einen Untersuchungshaftbefehl muss
Die Anordnung erfolgt durch richterlichen Haftbefehl gemäß § 114 I StPO. Zweck der Untersuchungshaft ist es, die Anwesenheit des Beschuldigten in der Hauptverhandlung sicherzustellen und bei schweren Straftaten eine Wiederholung zu verhindern.
Hinweis: Wenn Beschuldigte trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht zur Hauptverhandlung erscheinen, ist die Anordnung einer Sitzungshaft ohne dringenden Tatverdacht und ohne Haftgrund möglich.
WICHTIG
Beschuldigte sollten sich niemals zum Tatvorwurf äußern und keine Aussage ohne ihren Anwalt machen – weder bei der Festnahme noch danach. Die Nutzung des Schweigerechts darf das Gericht den Beschuldigten nicht negativ auslegen. Sie sollten sich auf Angaben zu ihrer Person beschränken.
Ein dringender Tatverdacht liegt vor, wenn nach dem Ermittlungsstand die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass die beschuldigte Person als Täter oder Teilnehmer die vorgeworfene Straftat begangen hat. Dieser Verdacht darf nicht auf Vermutungen, sondern muss auf Tatsachen beruhen. Eine Zeugenaussage kann genügen, wenn das Gericht diese für glaubwürdig einstuft.
Sollte sich der dringende Tatverdacht im Ermittlungsverlauf als nicht haltbar erweisen, muss das Gericht die U-Haft gemäß § 120 StPO aufheben. Der dringende Tatverdacht kann zum Beispiel entfallen, wenn ein glaubwürdiger Zeuge das Alibi der beschuldigen Person bestätigt. Bei weiteren Fragen zum Thema wenden Sie sich bitte vertrauensvoll an unsere Kanzlei. Wir helfen Ihnen schnell und kompetent weiter!
Damit ein Haftgrund gegeben ist, muss die Staatsanwaltschaft dem Gericht darlegen, dass begründete Bedenken bestehen, dass die Person beabsichtigt,
Indizien für eine anzunehmende Fluchtgefahr sind unter anderem Arbeitslosigkeit, ein fehlender Wohnsitz oder fehlende soziale Bindungen sowie eine hohe Straferwartung. Allerdings lässt sich ein Haftgrund wegen Fluchtgefahr gegebenenfalls aus Gründen wie fester familiärer Bindung oder ortsgebundener beruflicher Tätigkeit widerlegen.
Auch die sogenannte Verdunkelungsgefahr kommt als Haftgrund infrage, wenn ein begründeter Verdacht vorliegt, dass Beschuldigte die Wahrheitsfindung bei den Ermittlungen behindern, indem sie Zeugen beeinflussen oder Beweismittel verschwinden lassen.
Der Haftgrund der Wiederholungsgefahr setzt voraus, dass die Person dringend wegen einer schweren Straftat verdächtig ist und die Gefahr von Wiederholungstaten besteht.
U-Haft aufgrund der Schwere der Tat: Neben den genannten Gründen für eine U-Haft ermöglicht das Gesetz bei besonders schweren Straftaten wie Tötungsdelikten die Anordnung einer Untersuchungshaft bereits allein aufgrund der Schwere der Tat. Dieser Haftgrund erfordert ebenfalls eine richterliche Begründung.
Ohne einen dieser Haftgründe darf ein Gericht keine U-Haft anordnen oder diese aufrechterhalten. Im Jugendstrafrecht unterliegt die Haftanordnung strengeren Voraussetzungen und darf nur erfolgen, wenn keine mildere Maßnahme den Sicherungszweck ermöglicht. Wenn die Staatsanwaltschaft die Haftgründe nicht ausreichend darlegt oder das Gericht die Anordnung nicht hinreichend begründet, können Beschuldigte mit rechtlicher Unterstützung entlastende Einwendungen vorbringen und die Anordnung der Untersuchungshaft anfechten lassen.
Die Untersuchungshaft muss für die ordnungsgemäße Verfahrensdurchführung unbedingt erforderlich und gerechtfertigt sein. Sie muss für die sichere Durchführung des Verfahrens notwendig sein und kommt somit als letztes Mittel zum Einsatz. Es gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. So darf ein Gericht bei Bagatelldelikten keine Untersuchungshaft anordnen.
U-Haft wird in rund 9 von 10 Fällen wegen angenommener Fluchtgefahr angeordnet. Ein erfahrener Anwalt kann gegen eine Anordnung vorgehen, die sich auf diese Begründung stützt.
Der Ablauf einer Untersuchungshaft gestaltet sich wie folgt. Zunächst stellt die Staatsanwaltschaft im Rahmen der Ermittlungen gegen eine Person beim Haftrichter einen Antrag auf Erlass eines Untersuchungshaftbefehls. Auf Grundlage dieses Antrags erlässt der Richter einen Haftbefehl, worauf eine Festnahme durch die Polizei erfolgt. Nach der Festnahme findet spätestens am Folgetag die Vorführung beim Richter statt, der den Untersuchungshaftbefehl prüft und verkündet. Bei dieser persönlichen Vernehmung haben Beschuldigte die Möglichkeit, Einwendungen und entlastende Tatsachen mit ihrem Anwalt geltend zu machen. Der Richter entscheidet, ob der Haftbefehl in Vollzug gesetzt oder aufgehoben wird.
Bei einer Aufhebung oder Aussetzung des Haftbefehls folgt die Freilassung, die jedoch nicht das Ende der Ermittlungen bedeutet. So besteht nach der Freilassung die Möglichkeit für die Erlassung eines neuen Untersuchungshaftbefehls.
Bleibt der U-Haftbefehl bestehen, folgt zur Sicherung des Verfahrens der Antritt zur Untersuchungshaft. Da für Untersuchungsgefangene die Unschuldsvermutung gilt, erfolgt die Unterbringung soweit möglich getrennt von Strafgefangenen. Während der fortlaufenden Ermittlungen ist dann zu überprüfen, ob der dringende Tatverdacht und Haftgrund aufrechterhalten bleiben. Ist dies nicht der Fall, hebt das Gericht die Untersuchungshaft auf.
Bei Anordnung einer U-Haft prüft die Verteidigung die Grundlagen des Untersuchungshaftbefehls, die Verhältnismäßigkeit und die Rechtmäßigkeit der Verhaftung. Sie untersucht Anhaltspunkte, die den Haftgrund oder den dringenden Tatverdacht widerlegen und kann so je nach Fall zum Beispiel eine angenommene Fluchtgefahr entkräften und eine Inhaftierung vermeiden. Es folgt eine sorgfältige Akteneinsicht für die Erarbeitung der Verteidigungsstrategie und die Vorbereitung auf die Verhandlung.
Personen in Untersuchungshaft können eine Haftbeschwerde gegen den Haftbefehl erheben oder eine richterliche Haftprüfung beantragen. Sie haben Anspruch auf eine Pflichtverteidigung,
Gefangene dürfen während der Untersuchungshaft nur notwendigen Einschränkungen unterliegen. Grundsätzlich gelten sie als unschuldig und sind so zu behandeln. Sie dürfen daher unter anderem ihre eigene Kleidung tragen und sich auf eigene Kosten selbst verpflegen. Zudem haben sie Anspruch, dass eine Vertrauensperson wegen der Verhaftung benachrichtigt wird und das Recht auf ärztliche Betreuung.
Besuche und Anrufe
Besuche sind erlaubt, wobei der zuständige Richter die Erlaubnis im Falle einer Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr zurückweisen kann. Der Antrag auf Erteilung einer Besuchserlaubnis und auch für Telefonate wird beim zuständigen Richter oder Staatsanwalt eingereicht. Untersuchungsgefangene haben Anspruch auf mindestens zwei Stunden Besuch im Monat.
Briefkontrollen
Für den Versand und Empfang von Briefen gilt seit der Reform des Haftrechts in 2010, dass eine Kontrolle nur gestattet ist, wenn der Richter dies zur Abwehr einer Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr anordnet.
Recht Geld zu empfangen
Untersuchungsgefangene dürfen Geld empfangen. Das Geld können Angehörige oder Freunde auf das Konto der JVA überweisen, dürfen es der Person jedoch nicht persönlich oder per Brief übergeben.
Die Untersuchungshaft und die Strafhaft haben unterschiedliche Ziele und Gründe. Zudem finden sie zu verschiedenen Zeitphasen im Strafverfahren statt. Ein Verfahren lässt sich grob in drei Phasen unterteilen: Ermittlungs-, Gerichts- und Vollstreckungsverfahren.
Kurz gesagt: Die Untersuchungshaft findet vor einer Verurteilung statt und sichert das Verfahren, während die Strafhaft die eigentliche Freiheitsstrafe darstellt, die nach einer Verurteilung erfolgt.
Untersuchungsgefangene können unter Umständen Entschädigungsansprüche für die Zeit in Haft geltend machen, wenn das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnt, ein Freispruch folgt oder das Verfahren eingestellt wird. Es kommt auf die nachträgliche Bewertung an, ob die Untersuchungshaft zu Unrecht erfolgte. Falls ja, besteht ein Anspruch auf Entschädigung für einen Verdienstausfall und für entgangene Gewinne sowie sonstige Nachteile. Die Höhe des Anspruchs richtet sich nach dem Strafrechtsentschädigungsgesetz (StrEG). Der Verteidiger kann die Erfolgsaussichten möglicher Ansprüche bewerten, Betroffene beraten und die Einhaltung von Fristen sicherstellen, damit keine Ansprüche verfallen.
In Untersuchungshaft untergebrachte Menschen haben die Gerichtsverhandlung noch vor sich und gelten bis zur möglichen Verurteilung als unschuldig. Beschuldigte dürfen einen Verteidiger ihrer Wahl beauftragen, der sie bei der Verhandlung vertritt. Dieser hat das Recht, die Strafakten einzusehen, Beweisstücke zu besichtigen und seine Mandantin oder seinen Mandanten jederzeit und ohne Überwachung in der U-Haft zu besuchen.
Als Anwalt für Strafrecht verteidigt Johannes von Rueden Sie in allen strafrechtlichen Angelegenheiten.
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Eine Untersuchungshaft kann gemäß § 121 Abs. 1 StPO maximal sechs Monate dauern. Eine Verlängerung ist nur möglich, falls ein besonderer Ermittlungsumfang oder besondere Schwierigkeiten bei den Ermittlungen vorliegen. Über eine Verlängerung entscheiden nicht das Amts- oder Landesgericht, sondern das Oberlandesgericht, in Berlin das Kammergericht. Es prüft im Verfahren der besonderen Haftprüfung, ob eine Fortführung gerechtfertigt ist und das Verfahren mit gebotener Beschleunigung durchgeführt wurde. Andernfalls hebt das Oberlandesgericht den Untersuchungshaftbefehl auf. Bleibt der Haftbefehl bestehen, folgen weitere Prüfungen im Abstand von höchstens drei Monaten.
In schwerwiegenden oder komplexen Fällen kann eine U-Haft auch mehrere Jahre dauern, dabei gilt jedoch das Beschleunigungsgebot, das Gericht muss die Verfahren besonders zügig bearbeiten.
In der Praxis dauert die U-Haft oft (zu) lange. Wird diese jedoch nur mit einer vagen Begründung verlängert, kann ein Verstoß gegen den sogenannten Beschleunigungsgrundsatz vorliegen.
Die Dauer der U-Haft rechnet das Gericht gemäß § 51 Abs. 1 StGB im Falle einer Verurteilung auf eine mögliche Geld- oder Freiheitsstrafe an. Dies gilt nicht, wenn die Anrechnung aufgrund des Verhaltens des Untersuchungsgefangenen als nicht gerechtfertigt erscheint.
Der genaue Tagesablauf in U-Haft unterscheidet sich je nach JVA. Unter der Woche weckt der Stationsdienst die Inhaftierten zwischen 6 und 7 Uhr und der Tag beginnt mit Frühstück. Anschließend können Untersuchungsgefangene einer anstaltsinternen Arbeit nachgehen, müssen dies aber nicht. Von dem Geld können sie beim Anstaltskaufmann einkaufen. Nicht arbeitende Gefangene können 1 Stunde auf dem Innenhof spazieren gehen und verbleiben bis zum Mittagessen im Haftraum. Die arbeitenden Häftlinge haben ab 16 Uhr eine Stunde auf dem Hof und um 18 Uhr ist Zeit für das Abendessen. Um 19:30 Uhr folgt für alle Inhaftierte der Einschluss.
Zur Untersuchungshaft gelten sowohl bundesweite als auch länderspezifische Regelungen. Für Berlin regelt das Untersuchungshaftvollzugsgesetz (UvollZ Berlin) die Bedingungen der Untersuchungshaft. Für männliche Häftlinge ist die Justizvollzugsanstalt Moabit zuständig, für weibliche die JVA Berlin-Lichtenberg. Zudem gelten in Berlin spezielle Regelungen zur Betreuung durch Sozialarbeiter und zur Zusammenarbeit mit freien Trägern der Straffälligenhilfe wie der Berliner Stadtmission oder dem Sozialdienst katholischer Frauen. Die Stadt nutzt ein System der „Zugangsberatung“, bei dem Sozialarbeiter in den ersten Tagen der Haft ein Erstgespräch führen.
Im Falle eines Freispruchs oder wenn das Gericht das Verfahren auf Kosten der Staatskasse einstellt, bleibt die Pflichtverteidigung für Mandanten kostenlos. Dies soll das Rechtsstaatsprinzip unabhängig von Vermögens- und Einkommensverhältnissen unterstützen und jedem die Durchsetzung seiner Rechte ermöglichen.
Bei einer Verurteilung legt das Gericht Beschuldigten mit ausreichenden finanziellen Mitteln die Kosten der Pflichtverteidigung auf.
Eine vorläufige Festnahme unterscheidet sich von der Untersuchungshaft. Die vorläufige Ingewahrsamnahme einer beschuldigten Person darf nach der Festnahme nur maximal 48 Stunden dauern. Spätestens danach muss das Gericht über die Anordnung der Untersuchungshaft entscheiden oder Beschuldigte sind zu entlassen.
Ja, eine Haftverschonung ist möglich, wenn kein Haftgrund für Untersuchungshaft vorliegt. Die Gefahr einer Fluchtgefahr lässt sich zum Beispiel verringern, indem sich Beschuldigte in regelmäßigen zeitlichen Abständen bei einer Polizeidienststelle melden müssen und eine Kaution hinterlegen.
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