Immobilienkredit der Commerzbank kündigen ohne Vorfälligkeitsentschädigung

Zahlreiche Banken haben in ihren Immobilienkreditverträgen mangelhafte Angaben zur Berechnung der sogenannten Vorfälligkeitsentschädigung (VFE) gemacht – darunter auch die Commerzbank. Die VFE wird fällig, wenn der Kreditnehmer das Darlehen vorzeitig beenden möchte, etwa weil er die Immobilie verkauft hat. Mit der VFE soll die Bank für die durch die frühzeitige Kündigung entfallenden Zinsen entschädigt werden. Wie sich die VFE genau errechnen lässt, wird aus dem Immobilienkreditvertrag allerdings in vielen Fällen nicht ersichtlich. Das bemängeln die Gerichte.

Immobilienkreditvertrag der Commerzbank nicht klar und verständlich

Bei der Commerzbank findet sich die mangelhafte Passage in Ziffer 7 der besonderen Darlehensbedingungen für die Commerzbank-Baufinanzierung. So hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main im Juli 2020 entschieden, dass die Angaben zur Berechnung der VFE nicht klar und verständlich und damit nach § 502 Abs. 2 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unzureichend seien. Ein informierter Verbraucher sei mithilfe der Formulierungen im Kreditvertrag der Commerzbank nicht in der Lage, die Berechnung der möglicherweise fälligen Vorfälligkeitsentschädigung nachzuvollziehen oder selbst vorzunehmen.

In den betroffenen Kreditverträgen der Commerzbank seien insbesondere die Darstellungen in Bezug auf den zweiten Rechenschritt unverständlich, erklärten die Richter am OLG Frankfurt am Main (Az. 17 U 810/19). Die Berechnung der anfallenden Kosten bei einem vorzeitigen Ausstieg aus dem Darlehen müsse „klar, prägnant, verständlich und genau“ formuliert werden, so das OLG Frankfurt am Main. Durch die mangelhafte Erklärung im Immobilienkreditvertrag kann der Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung für die Commerzbank ausgeschlossen werden.

Um die folgende Passage in den betreffenden Kreditverträgen der Commerzbank geht es:

7. Voraussetzungen und Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Rückzahlung des Darlehens

Sofern der Darlehensnehmer der Bank mitteilt, dass der Darlehensnehmer eine vorzeitige Rückzahlung des Darlehens beabsichtigt, wird die Bank dem Darlehensnehmer unverzüglich die für die Prüfung dieser Möglichkeit erforderlichen Informationen schriftlich übermitteln:

1. Auskunft über die Zulässigkeit der vorzeitigen Rückzahlung

2. im Fall der Zulässigkeit die Höhe des zurückzuzahlenden Betrages

3. gegebenenfalls die Höhe einer Vorfälligkeitsentschädigung und

4. Kosten der Bank für zusätzlichen Aufwand der vorzeitigen Rückzahlung

5. Mitteilung über eventuelle Annahmen die im Rahmen der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung erforderlich waren

Die Bank berechnet die Vorfälligkeitsentschädigung finanzmathematisch nach der sogenannten, Aktiv-Passiv‘-Methode. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berechnung ist der Zeitpunkt, zu dem die vorzeitig zurückgezahlte Darlehensvaluta bei der Bank eingeht. Im Einzelnen rechnet die Bank wie folgt:

Zunächst ermittelt die Bank unter Berücksichtigung etwa vertraglich vereinbarter Sondertilgungsrechte wann und in welcher Höhe Zahlungen vom Darlehensnehmer zu entrichten gewesen wären, wenn das Darlehen fortgeführt worden wäre. In einem weiteren Schritt ermittelt die Bank, welchen Betrag sie zum vorgesehenen Zeitpunkt der vorzeitigen Rückzahlung anlegen muss, damit der Bank der vereinbarte Betrag zum vorgesehenen vertraglichen Fälligkeitstermin der jeweiligen ausstehenden Rate zur Verfügung stehen würde. Dabei differenziert die Bank wie folgt: Soweit Pfandbriefe mit entsprechenden fristen-kongruenten Laufzeiten vorhanden sind, legt die Bank für die Verzinsung des vorzeitig zurückgezahlten Darlehenskapitals die Zinssätze der entsprechenden am Kapitalmarkt verfügbaren Hypothekenpfandbriefe zugrunde. Die Summe der so ermittelten Anlagebeträge abzüglich des noch nicht zurückgezahlten Darlehensbetrages stellt die Ausgangssumme der Vorfälligkeitsentschädigung dar.

Zu Gunsten des Darlehensnehmers berücksichtigt die Bank bei der Berechnung, dass die nach Maßgabe des Darlehensvertrages geschuldeten, ganz oder teilweise ausfallenden Zahlungen in der Zukunft liegen. Finanzmathematisch erfolgt dies im Wege der “ jeder einzelnen ganz oder teilweise ausfallenden Zahlung über den Zeitraum zwischen ihrer vertraglich vereinbarten Fälligkeit und der tatsächlich erfolgenden Rückzahlung (sog. ,Barwertmethode‘):

Zur Abzinsung der in der Zukunft liegenden Zahlungen zieht die Bank die entsprechenden Zinssätze des Geld- und Kapitalmarkts heran, die die Bank bei der Berechnung des Zinsausfalls zugrunde legen (s. o.).

Von der so ermittelten Schadenssumme zieht die Bank

(a) zu Gunsten des Darlehensnehmers die für das Darlehen auf Seiten der Bank ersparten Verwaltungskosten ab, weil keine weitere Bearbeitung für das Darlehen erforderlich ist. Weiter wird

(b) von diesem Betrag zu Gunsten des Darlehensnehmers ein Abschlag für ersparte Risikokosten vorgenommen. Dieser resultiert daraus, dass die Bank für den Zeitraum zwischen der vorzeitigen Rückzahlung des Darlehens und dem Zeitpunkt, zu dem das Darlehen normalerweise zurückzuzahlen gewesen wäre, kein Ausfallrisiko für das Darlehen mehr tragen muss.

Die Schadenssumme, vermindert um die vorstehend unter (a) und (b) genannten, ersparten Verwaltungs- und Risikokosten, ergibt dann die von dem Darlehensnehmer an die Bank zu zahlende Vorfälligkeitsentschädigung.

Zu der so ermittelten Vorfälligkeitsentschädigung werden noch die Kosten der Bank für den zusätzlichen Aufwand der vorzeitigen Rückführung addiert. Dem Darlehensnehmer ist der Nachweis vorbehalten, dass diese Kosten nicht oder in wesentlich geringerer Höhe entstanden sind.

Entsteht der Bank aufgrund der vorzeitigen Rückführung des Darlehens nach Maßgabe der vorstehend dargestellten Berechnung kein Schaden, ist von dem Darlehensnehmer keine Vorfälligkeitsentschädigung zu zahlen.

Entsteht der Bank aufgrund der vorzeitigen Rückführung des Darlehens nach Maßgabe der vorstehend dargestellten Berechnung ein Schaden, so ist der Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung ungeachtet dessen gesetzlich ausgeschlossen, wenn

1) die Rückzahlung aus den Mitteln einer Versicherung bewirkt wird, die auf Grund einer entsprechenden Verpflichtung im Darlehensvertrag abgeschlossen wurde, um die Rückzahlung zu sichern, oder

2) im Vertrag die Angaben über die Laufzeit des Vertrags, das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers oder die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend sind.

Ziffer 7 der besonderen Darlehensbedingungen für Commerzbank-Baufinanzierungen

BGH: Commerzbank-Kunden müssen VFE bei Mängeln nicht zahlen

Später hat auch der Bundesgerichtshof (BGH) die Nichtzulassungsbeschwerde der Commerzbank AG zurückgewiesen und den Richtern des OLG Frankfurt am Main damit zugestimmt. Von dieser verbraucherfreundlichen Entscheidung profitierte zum einen der Kläger selbst, der die Vorfälligkeitsentschädigung für zwei Darlehen über 21.500 Euro von der Commerzbank erstattet bekommt. Auf diese Urteile können sich nun aber auch andere Commerzbank-Kunden berufen, die Mängel in ihrem Kreditvertrag feststellen. Betroffen sind dabei Immobiliendarlehen, die ab dem 21. März 2016 mit der Commerzbank AG geschlossen worden sind. Ab diesem Datum lassen sich in vielen Kreditverträgen – auch anderer Banken – die Fehler nachweisen.

Dabei können nicht nur aktuelle Kreditnehmer bei der Commerzbank die Zahlung einer VFE umgehen – auch bereits gezahlte Vorfälligkeitsentschädigungen lassen sich zurückfordern. Wer seinen Kreditvertrag bei der Commerzbank im Jahr 2019 oder später vorzeitig gekündigt hat, kann die Entschädigung in voller Höhe zurückfordern, wenn sich die Mängel im Darlehensvertrag feststellen lassen. Liegt die Kündigung des Kredites vor dem Jahr 2019, ist bereits die dreijährige Verjährungsfrist abgelaufen und die VFE lässt sich nicht mehr erstatten.

Aufgrund der drohenden Verjährung sollten Kreditnehmer ihren Darlehensvertrag der Commerzbank jetzt auf Fehler hin prüfen lassen. Die Rechtsanwaltskanzlei VON RUEDEN bietet eine kostenlose Erstberatung, in der die Berechnungsklauseln im Kreditvertrag auf ihre Korrektheit untersucht werden. Sollten Sie die VFE umgehen können oder Anspruch auf Erstattung einer bereits gezahlten Entschädigung haben, kontaktieren wir die Commerzbank für Sie und reichen bei Bedarf Klage ein. Nehmen Sie Kontakt zu uns auf – gern beraten wir sie unverbindlich zu Ihren Ansprüchen und Erfolgsaussichten!

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