Volkswagen bezichtigt den ehemaligen FBI-Chef Louis Freeh im Abgasskandal des Geheimnisverrats. Damit will der Konzern dessen Berufung zum Gutachter in Schadenersatzprozessen in den USA verhindern. Nach seiner Karriere als juristischer Vermittler in Wirtschaftsskandalen sollte Freeh bei der Aufklärung der Dieselaffäre helfen. Inzwischen hat der Jurist die Seite gewechselt und ist heute für Anwälte privater Kläger tätig – ein Problem für VW: Freeh soll nämlich interne Informationen des Managements an die Kläger weitergegeben oder sogar verkauft haben. Darüber hatte das Online-Wirtschaftsmagazin Business Insider berichtet.
Freeh könnte dem VW-Konzern gefährlich werden
Der ehemalige Bundesstaatsanwalt, Bundesrichter und FBI-Direktor Freeh hatte 2016 Aussicht auf einen Beratervertrag bei Volkswagen und sollte in der Aufklärung der Abgasaffäre helfen. Doch zu der Zusammenarbeit kam es nicht, weil die Gehaltforderungen Freehs wohl zu hoch waren. Freeh soll für eine dreijährige Tätigkeit als „Special Council“ rund 15 Millionen Dollar Festgehalt plus einen erfolgsabhängigen Bonus verlangt haben. Der Betriebsrat hat dann wohl die Einstellung Freehs abgelehnt.
Jetzt könnte der 70-Jährige dem Konzern gefährlich werden. Deshalb lehnt VW Freeh als Experten für Dieselklagen in den USA ab und hat bei einem Gericht in San Francisco einen entsprechenden Antrag eingereicht. Laut VW gibt es Hinweise darauf, dass der ehemalige FBI-Chef seine derzeitigen Auftraggeber mit vertraulichen Unterlagen versorgt hat. Er soll der Gegenseite Geheimnisse verraten haben, die ihm VW während der gescheiterten Vertragsgespräche anvertraut habe. Freehs Anwalt bestreitet den Verrat.
Hunderte Seiten vertraulicher Informationen
Die Juristen des VW-Konzerns argumentieren in ihrem Ausschlussantrag, Freeh habe hunderte Seiten mit vertraulichen Informationen erhalten, die er jetzt für die Gegenseite nutze. Daher werde er als Zeuge abgelehnt. Außerdem seien die Behauptungen des ehemaligen FBI-Chefs falsch und das Gutachten basiere auf Spekulationen.
Die wesentlichen Prozesse rund um den Abgasskandal haben allerdings in den USA bereits stattgefunden. Nach Schuldeingeständnis hatte sich VW Anfang 2017 mit der Regierung in Washington auf einen Milliardenvergleich geeinigt. Anders als in Europa wurden zahlreiche Kunden und Händler bereits entschädigt. Der Konzern musste mehr als 30 Milliarden Euro an Rechtskosten zahlen. Es gibt allerdings noch einzelne Verbraucher, die klagen.
Freeh schon als Aufseher bei Daimler aktiv
Nach einer Schmiergeldaffäre war Freeh auch als Aufseher bei Daimler aktiv. Er soll dabei in der Vorstandsetage bei Daimler großen Einfluss gehabt haben. Dort hat der Jurist mit der Vorständin Christine Hohmann-Dennhardt zusammengearbeitet, die den Schmiergeldskandal aufklären sollte. Dann ging die Vorständin zu Volkswagen, wo ihr Freeh seine Dienste bei der Aufklärung des Dieselskandals angeboten hat.
Kurz darauf sei der ehemalige FBI-Chef zum Gespräch nach Wolfsburg gereist, wo das VW-Management ihm einen „tiefen und internen Einblick in die Abgasaffäre“ gewährt haben soll, so Business Insider. Nachdem VW ihn abblitzen ließ, arbeitet der frühere FBI-Chef jetzt gegen den Konzern.