Oberlandesgericht Oldenburg: Im VW-Abgasskandal ist noch lange nichts verjährt

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Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg hat mit Urteil vom 2. März 2021 bestätigt, dass geschädigte Käufer im VW-Abgasskandal immer noch Anspruch auf Schadensersatz haben (Az. 12 U 161/20). Obwohl der Anspruch bei Fahrzeugen mit dem Motor EA189 bereits verjährt war, hat der 12. Zivilsenat des OLG Oldenburg Volkswagen zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt – nach § 852 BGB. Ist eine Verjährung aus § 195, 199 BGB eingetreten, besteht nämlich noch ein sogenannter Restschadensersatzanspruch, der erst zehn Jahre ab Kauf verjährt. Klagen geschädigter Verbraucher im VW-Dieselskandal sind demnach weiterhin erfolgversprechend.

Die Verjährungsfrist im VW-Abgasskandal beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem der geschädigte Käufer Kenntnis von der Betroffenheit seines Autos erlangt hat. Diese Frist beträgt drei Jahre. Schadensersatzansprüche wären demnach bei älteren Dieselfahrzeugen in vielen Fällen bereits verjährt. Wann genau die Kenntnis vom Abgasskandal vorausgesetzt werden kann, ist allerdings umstritten. Viele Urteile basieren auf der Annahme, dass die Kenntnis vom VW-Abgasskandal mit Erhalt des Rückrufschreibens vorausgesetzt werden kann.

Verjährung im VW-Dieselskandal erst zehn Jahre nach Kauf

Trotzdem können geschädigte Käufer weiterhin Schadenersatzansprüche durchsetzen. Mit Urteil vom 4. Dezember 2020 hatte bereits das Landgericht Karlsruhe entschieden, dass geschädigte Käufer noch immer einen Restschadenersatzanspruch nach § 852 BGB haben – und zwar auch dann, wenn die Verjährung wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB schon eingetreten ist (Az. 4 O 195/20).

Im BGB § 852 heißt es dazu: „Hat der Ersatzpflichtige durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt, so ist er auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet. Dieser Anspruch verjährt in zehn Jahren von seiner Entstehung an (…).“ Derjenige, der durch unerlaubte Handlung auf Kosten des Geschädigten etwas erlangt hat, ist also auch nach Eintritt der Verjährung des Schadenersatzanspruchs noch zur Herausgabe seiner ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet.

Wegweisendes Urteil des OLG Oldenburg: Keine Verjährung des Anspruchs gegen VW

Die Tendenz, Volkswagen nach § 852 BGB haftbar zu machen, besteht an den Landgerichten schon länger. Jetzt hat das Oberlandesgericht Oldenburg bestätigt, dass die Volkswagen AG Klägern im Diesel-Abgasskandal trotz eingetretener Verjährung weiterhin Schadensersatz schuldet. Mehrere Gerichte hatten in den letzen Monaten eine Verurteilung von VW nach § 852 BGB in Aussicht gestellt, obwohl die Schadensersatzansprüche nach der üblichen Frist von drei Jahren verjährt gewesen wären. So hatte zum Beispiel das Landgericht Trier am 8. Oktober 2020 festgestellt, dass nach § 852 BGB ein sogenannter Anspruch auf Restschadensersatz bestehen könnte. Und das Landgericht Karlsruhe hat VW schon im Dezember 2020 nach § 852 BGB verurteilt.

Mit dem Urteil des OLG Oldenburg ist jetzt noch klarer geworden, dass die Ansprüche im VW-Skandal noch nicht verjährt sind. Damit erkennt auch eine höhere Instanz den Anspruch auf Schadensersatz an. Der Kläger hatte die Klage Anfang 2020 eingereicht, obwohl der VW-Skandal bereits 2015 bekannt geworden war. Demnach wäre der Fall bereits Ende 2019 verjährt gewesen. Das wegweisende Urteil des OLG Oldenburg macht deutlich, dass sich Verbraucher auf den Ersatzanspruch berufen können – in der gleichen Höhe wie im bereits verjährten Fall. Der Kläger bekam für seinen Anfang 2012 für 25.950 Euro gekauften VW Caddy 2.0 TDI nach Abzug einer Nutzungsentschädigung noch rund 16.376 Euro zugesprochen.

VW haftet nach § 852 BGB noch lange für sittenwidrige Schädigung

Die Ansprüche auf Schadensersatz verjähren laut § 852 BGB frühestens nach zehn Jahren. Es handelt sich dabei um den sogenannten Restschadensersatzanspruch, demzufolge derjenige, der sich sittenwidrig einen finanziellen Vorteil verschafft hat, ihn wieder zurückgeben muss. Im VW-Abgasskandal wurde das jetzt von einem Oberlandesgericht bestätigt.

Die Verbraucherrechtsanwälte der Kanzlei VON RUDEN raten vom Abgasskandal betroffenen Verbrauchern, sich fachkundig beraten zu lassen, denn Klagen sind noch immer sehr aussichtsreich – vor allem nach dem jüngsten Urteil des OLG Oldenburg zum Thema Verjährung. Betroffene können einfach unsere kostenlose und unverbindliche Erstberatung nutzen.