Vorsätzliche Täuschung: OLG Saarland verurteilt VW zu Schadensersatz

Veröffentlicht am in Abgasskandal

Im Dieselskandal hat das Oberlandesgericht (OLG) Saarland die Volkswagen AG dazu verurteilt, einer Dieselfahrerin 12.000 Euro Schadensersatz zu zahlen. Es könnte ein Urteil mit Signalwirkung werden. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass VW die Käuferin durch das Inverkehrbringen eines Autos mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung vorsätzlich getäuscht hat. Die VW-Kundin verlangte die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen die Rückgabe des Autos.

Im Saarland sind zurzeit etwa 800 Dieselklagen anhängig – bundesweit waren es zum Jahreswechsel allein gegen VW rund 60.000 und bereits 50.000 Urteile. Im aktuellen Fall urteilten die Richter des OLG Saarland, dass jemand, der ein vom Dieselskandal betroffenes Auto gekauft hat, Schadensersatz verlangen kann. Sowohl die Klägerin als auch VW haben eine Revision des Urteils vor dem Bundesgerichtshof angekündigt. Die Klägerin will den vollen Kaufpreis in Höhe von 18.000 Euro erstattet haben.

Täuschung diente offensichtlich zur Gewinnmaximierung

Nach der Entscheidung des Saarländischen Oberlandesgerichts ist das Inverkehrbringen von Autos, die mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet sind, eine vorsätzliche sittenwidrige Täuschung im Sinne des § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) (Urt. v. 14.2.2020, Az. 2 U 128/19).

Indem VW Autos mit manipulierten Motoren in den Verkehr gebracht habe, seien die Erwerber der Fahrzeuge arglistig getäuscht worden. Die Richter sind der Ansicht, dass im Verkauf der Autos die „konkludente Erklärung“ liegt, dass die Wagen entsprechend ihrem objektiven Verwendungszweck im Straßenverkehr eingesetzt werden können und über eine fortbestehende Betriebserlaubnis verfügen. Das habe auf die betroffenen Autos nicht zugetroffen.

VW Kunden die Manipulation sittenwidrig verheimlicht

Die Verheimlichung der Manipulation gegenüber Kunden und Behörden bewerteten die Richter dabei als sittenwidrig. Die Täuschung könne „offensichtlich nur dazu gedient haben, unter Ausnutzung der Fehlvorstellung potenzieller Kunden hohe Absatzzahlen zu erreichen, durch Kostensenkung eine Gewinnmaximierung zu erzielen und sich Wettbewerbsvorteile zu sichern.“

Auch Johannes von Rüden von der Rechtsanwaltskanzlei VON RUEDEN ist der Ansicht, dass VW hat seine Kunden mit dem Einbau von illegalen Abschalteinrichtungen eindeutig getäuscht hat. Der Autokonzern ließ sie glauben, mit „sauberen“ Fahrzeugen unterwegs zu sein. VW und die Tochtergesellschaften haben ihre Kunden „vorsätzlich getäuscht und sie mit dem Versprechen sauberer Dieselfahrzeuge dazu verleitet, Fahrzeuge zu kaufen oder zu leasen, die die Käufer so nie erworben hätten“, so von Rüden.

Ist eine Nutzungsentschädigung angemessen?

Das OLG hat in seinem Urteil auch entschieden, dass sich die Käuferin die Vorteile anrechnen lassen muss, die ihr durch die mehrjährige Nutzung des Polos entstanden sind. Die Käuferin hatte argumentiert, dass aufgrund sittenwidriger Schädigungen eine Vorteilsanrechnung bei Ansprüchen generell zu unterbleiben habe.

Das sieht der Berliner Rechtsanwalt Johannes von Rüden ähnlich: Aufgrund der vorsätzlichen und sittenwidrigen Schädigung erscheint es ihm unangemessen, wenn der Schädiger Nutzungsersatzansprüche auf den Kaufpreis anrechnen kann und nicht den vollen Kaufpreis erstatten muss. Dieser Ansicht ist das OLG zwar nicht gefolgt, wegen der grundsätzlichen Bedeutung dieser Rechtsfragen haben die Richter aber die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

Rücktritt vom Kauf nicht sofort möglich

Der Kauf eines manipulierten Autos berechtigt den Käufer allerdings nicht sofort zum Rücktritt vom Kaufvertrag. Das entschieden die Richter des OLG Saarland in einem zweiten Fall. Der Käufer muss dem Verkäufer oder Hersteller durch Aufspielen eines Softwareupdates erst Zeit zur Nachbesserung geben (Urt. v. 14.2.2020, Az. 2 U 104/17).

In diesem Verfahren hatte ein Käufer eines gebrauchten Porsche Cayenne gegen den Verkäufer geklagt. Wegen des manipulierten Motors hatte er aus kaufrechtlicher Gewährleistung die Rückabwicklung des Kaufvertrags gefordert und eine Frist von zwei Wochen gesetzt. Das beklagte Autohaus lehnte die Rückabwicklung mit der Begründung ab, dass eine Rückrufaktion bevorstünde, bei der die Manipulation behoben würde. Doch der klagende Käufer war nicht bereit, darauf zu warten und trat vom Vertrag zurück.

Softwareupdates kompensieren Schaden oft nicht

Das OLG urteilte jetzt, dass der Käufer dem Verkäufer zunächst ausreichend Gelegenheit zur Nacherfüllung geben müsse – unabhängig davon, ob tatsächlich ein Mangel vorliege. Daher seien in diesem Fall die Voraussetzungen für einen Rücktritt vom Kauf nicht erfüllt. Eine zweiwöchige Frist sei nicht ausreichend gewesen, vor allem deshalb, weil das Autohaus zur Nachbesserung auf die Mitwirkung des Herstellers angewiesen gewesen sei. Dem Käufer sei es zumutbar gewesen, die bis zum Softwareupdate veranschlagten drei Monate zu warten. Er hätte das Fahrzeug in der Zwischenzeit schließlich uneingeschränkt nutzen können.

Viele Klägeranwälte und Gerichte sehen das anders. Die meisten Dieselfahrer können ihre Fahrzeuge nämlich nur mit erheblichem Verlust wieder verkaufen – trotz der vom Kraftfahrt-Bundesamt verordneten Softwareupdates. So gab das Oberlandesgericht Brandenburg einem vom Dieselskandal betroffen Kläger recht, der sein Auto zurückgeben wollte. Der Kläger wollte seinen VW Passat 2.0 TDI Blue Motion an VW zurückgeben und bekommt sogar den vollen Kaufpreis erstattet, obwohl er den Wagen jahrelang gefahren hat.

Gerichte fällen immer mehr verbraucherfreundliche Urteile

Die Rechtsanwaltskanzlei VON RUEDEN, die bundesweit Tausende Geschädigte im Abgasskandal vertritt, geht davon aus, dass VW in Zukunft öfter den vollen Kaufpreis zurückzahlen muss. Für betroffene Dieselkäufer dürfte es sich also lohnen, ihre Ansprüche gegen VW mit Hilfe erfahrener Anwälte geltend zu machen.

Sind Sie vom Diesel-Abgasskandal betroffen? Unsere erfahrenen Anwälte stehen Ihnen gern mit einer kostenlosen Erstberatung zur Seite. Kontaktieren Sie uns per E-Mail unter info@rueden.de oder telefonisch unter 030 – 200 590 770.