Können Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag anfechten?

Veröffentlicht am in Arbeitsrecht

Ein Aufhebungsvertrag ist eine Alternative zur Kündigung, mit der eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbart wird. Der Arbeitnehmer gibt mit dem Aufhebungsvertrag unter Umständen jedoch eine starke Rechtsposition auf und könnte seine Unterschrift bereuen. Vielleicht hat er den Vertrag voreilig unterschrieben, ohne die Konsequenzen gründlich zu durchdenken. Oder er wurde sogar vom Arbeitgeber unter Druck gesetzt. Lässt sich in dem Fall ein unterschriebener Aufhebungsvertrag noch anfechten oder gibt es nach der Unterzeichnung kein Zurück mehr?

Wenn sich die Vertragsparteien entschließen, das Arbeitsverhältnis mit einem Aufhebungsvertrag zu beenden, hat das die gleichen Konsequenzen wie bei einer Kündigung: die Beendigung des Arbeitsvertrags. Auch eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat also schwerwiegende Folgen. Das Arbeitsrecht sieht daher vor, dass der Arbeitnehmer eine angemessene Bedenkzeit erhalten sollte, um nicht vom Arbeitgeber „überrumpelt“ zu werden.

Aufhebungsvertrag nicht voreilig unterschreiben

Wer ein Angebot auf einen Aufhebungsvertrag bekommt, sollte sich Zeit lassen und nicht vorschnell unterschreiben. Mit der Unterschrift unter dem Aufhebungsvertrag stimmen Arbeitnehmer der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu. Das ist oft unwiderruflich. Die Gültigkeit eines Aufhebungsvertrag kann nur dann angefochten werden, wenn die Unterschrift nachweislich durch Irrtum (§ 119 BGB), arglistige Täuschung oder Drohung zustande gekommen ist (§ 123 BGB).

Um ungewollte Folgen zu vermeiden, sollten sich Beschäftigte vor der Unterzeichnung eine ausreichende Bedenkzeit nehmen und die Vertragsinhalte mit einem Anwalt für Arbeitsrecht besprechen. Während der Bedenkzeit kann der Arbeitnehmer auch das Arbeitsamt kontaktieren und sich beraten lassen. Arbeitgeber räumen ihren Beschäftigten in der Regel zwei Wochen Bedenkzeit ein, bevor sie eine Reaktion auf das Vertragsangebot erwarten.

Wann lässt sich ein Aufhebungsvertrag rückgängig machen?

Ein pauschales Widerrufsrecht eines Aufhebungsvertrags ist im Arbeitsrecht nicht vorgesehen. Wer einer einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zugestimmt hat, ist an seine Unterschrift gebunden. Es gibt jedoch Ausnahmen. Ein Widerruf ist möglich, wenn tarifvertraglich oder im Aufhebungsvertrag ein entsprechendes Widerrufsrecht festgelegt wurde. Wurde dem Arbeitnehmer ein Widerrufsrecht eingeräumt, ist in der entsprechenden Klausel des Tarifvertrags oder des Aufhebungsvertrags üblicherweise auch der Zeitraum genannt, in dem ein Recht zum Widerruf besteht. In der Regel gibt es ein 14-tägiges Widerrufsrecht.

Eine weitere Möglichkeit, den Aufhebungsvertrag zu widerrufen, ist die Anfechtung nach § 119 oder § 123 BGB. Diese Option besteht, wenn ein Arbeitnehmer durch Irrtum, Drohung oder arglistige Täuschung zur Unterschrift unter dem Aufhebungsvertrag gedrängt wurde. Nicht selten kommt es vor, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer androht, eine ordentliche oder sogar eine außerordentliche, fristlose Kündigung auszusprechen, wenn der Arbeitnehmer den Aufhebungsvertrag nicht unterschreibt.

Gibt der Arbeitnehmer dem Druck nach und unterschreibt den Aufhebungsvertrag, könnte er das bereuen. In dem Fall kann ihm unter Umständen das Recht zustehen, den Aufhebungsvertrag wegen widerrechtlicher Drohung nach § 123 BGB anzufechten. Die Vorschrift lautet: „Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.“ Dabei kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an, ob tatsächlich ein Anfechtungsrecht gegeben ist.

Wann ist ein Aufhebungsvertrag ungültig?

Ein Aufhebungsvertrag kann auch aus verschiedenen Gründen im Nachhinein als ungültig angesehen werden. Folgende Faktoren machen einen Aufhebungsvertrag unwirksam:

Schriftform nicht eingehalten: Für einen Aufhebungsvertrag sieht das Arbeitsrecht zwingend die Einhaltung der Schriftform vor – das kann auch per E-Mail, SMS oder über Messenger-Dienste erfolgen. Beide Vertragsparteien müssen den schriftlichen Vertrag unterschreiben. Fehlen die Schriftform oder die Unterschrift, ist der Aufhebungsvertrag ungültig.

Nicht voll geschäftsfähig: Der Vertragsschluss erfordert die volle Geschäftsfähigkeit beider Vertragsparteien. Darunter fällt nicht nur die dauerhafte Geschäftsunfähigkeit, sondern auch eine vorübergehende Geschäftsunfähigkeit, die etwa unter Alkoholeinfluss gegeben sein kann. War eine der beiden Vertragsparteien zum Vertragszeitpunkt geschäftsunfähig, ist der Aufhebungsvertrag unwirksam. 

Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot: Ein Aufhebungsvertrag darf nicht gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten verstoßen. So darf ein Aufhebungsvertrag nicht bei Betriebsübergang vereinbart werden. Das würde gegen § 613a Abs.4 BGB verstoßen, der ein Kündigungsverbot bei Inhaberwechsel vorsieht. Auch ein Verstoß gegen die „guten Sitten“ kann einen Vertrag unwirksam machen. Das wäre der Fall, wenn der Unterzeichner unter Druck gesetzt wurde.

Missachten des Gebots fairen Verhandelns: Seit einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) aus dem Jahr 2019 sind Aufhebungsverträge auch dann unwirksam, wenn bei Vertragsschluss gegen das Gebot des fairen Verhandelns verstoßen wurde. Das BAG gab einer Klägerin recht, die in ihrer Wohnung vom Arbeitgeber zum Unterschreiben eines Aufhebungsvertrags gedrängt wurde, der keine Abfindung vorsah.

Aufhebungsvertrag anfechten: Wir unterstützen Sie!

Ein Aufhebungsvertrag lässt sich aus verschiedenen Gründen widerrufen oder anfechten – ob aufgrund eines Widerrufsrechts oder wegen einer Drohung oder Täuschung durch den Arbeitgeber. Wer einen Aufhebungsvertrag anfechten will, muss in jedem Fall die Frist beachten. Bei Vorliegen eines Inhalts- oder Erklärungsirrtums nach § 119 BGB muss die Unterschrift ab Kenntniserlangung unverzüglich angefochten werden. Bei einer Anfechtung des Aufhebungsvertrags aufgrund von Drohung oder arglistiger Täuschung nach § 123 BGB haben Arbeitnehmer dagegen ab Kenntniserlangung ein Jahr Zeit, um den Vertrag anzufechten.

Sie haben einen Aufhebungsvertrag erhalten? Ein Aufhebungsvertrag führt wie eine Kündigung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, deshalb sollte er vor Unterzeichnung von einem Experten für Arbeitsrecht geprüft werden. Gern schauen wir uns Ihren Aufhebungsvertrag an und beraten Sie, wie Sie am besten vorgehen. Nutzen Sie unsere kostenlose Erstberatung! Wir sind für Sie da.