Bundeskabinett beschließt neuen Entwurf des Hinweisgeberschutzgesetzes – der jedoch gegen EU-Richtlinie verstößt

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Die Ampel-Regierung hat ihren Gesetzentwurf für das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) finalisiert. Der Regierungsentwurf soll nach der Sommerpause in den Bundestag gegeben werden. Das HinSchG wird auf Grundlage der EU-Whistleblower-Richtlinie (2019/1937) entwickelt: Personen, die Missstände in Unternehmen oder Behörden bemerken, sollen sie über sichere Meldekanäle an Compliance-Beauftragte übermitteln können. Den Whistleblowern wird dann ein besonderer Schutz – etwa vor Repressalien am Arbeitsplatz – zugesprochen.

Hinweisgeberschutzgesetz sieht Hinweisgebersystem ab Ende 2022 vor

Das Bundesjustizministerium hatte Anfang des Jahres einen Referentenentwurf veröffentlicht, der Lob und Kritik bei Verbänden, Organisationen und Experten ausgelöst hatte. Der nun überarbeitete Regierungsentwurf weicht jedoch nur in wenigen Punkt von der ersten Fassung ab. Zentraler Bestandteil ist noch immer die Einrichtung von internen Meldekanälen, die von allen Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern eingerichtet werden müssen. Organisationen mit unter 500 Angestellten haben dafür bis Dezember 2023 Zeit. Größere Unternehmen müssen diese Vorgabe ab Inkrafttreten des Gesetzes erfüllen. Dem Regierungsentwurf zur Folge soll das Gesetz drei Monate nach Verkündung in Kraft treten. Ziel ist, dass das neue Gesetz noch in diesem Jahr verkündet wird.

Über ein sicheres Hinweisgebersystem soll der Whistleblower Meldungen zu Missständen abgeben können. Die Option, anonym Hinweise zu geben, ist dabei nicht verpflichtend. Der aktuelle Entwurf fordert, dass auch anonyme Hinweise bearbeitet werden müssen – aber nur, wenn die Bearbeitung nichtanonymer Meldungen dadurch nicht behindert wird. Die nichtanonymen Hinweise haben demnach Vorrang. Zudem können sich nur Whistleblower dem Schutz des Hinweisgeberschutzgesetzes sicher sein, die strafbewehrte Verstöße melden – also Verstöße gegen Gesetze. Bei Hinweisen auf moralische oder ethische Missstände wird der Whistleblower-Schutz nicht garantiert.

Konzernprivileg verstößt gegen EU-Whistleblower-Richtlinie

Ein weiterer kritischer Punkt ist das Konzernprivileg. Der Regierungsentwurf sieht vor, dass Konzerne nicht für jedes ihrer Tochterunternehmen ein eigenes Meldesystem installieren müssen. Eine zentrale Plattform genüge. Damit hat die Bundesregierung den vielfach aus der Wirtschaft geäußerten Wunsch umgesetzt, die Kosten für die Implementierung möglichst gering zu halten. Das Konzernprivileg verstößt jedoch gegen die Vorgaben aus der Whistleblower-Richtlinie. Die EU hatte auf Nachfrage in mehreren Stellungnahmen erklärt, dass jede eigenständige juristische Person und damit jedes Tochterunternehmen eines Konzerns ein eigenes Hinweisgebersystem einrichten muss.

Die Richtlinie sieht zwar vor, dass juristische Personen mit weniger als 250 Beschäftigen eine gemeinsame Whistleblower-Stelle betreiben können. Das ist aber nur möglich, wenn durch die Ressourcenteilung die Grundsätze der Unabhängigkeit und Vertraulichkeit nicht gefährdet werden. Es ist hingegen nicht erlaubt, die Konzernmutter als „Dritte Person“ zu sehen, die für ihre Gesellschaften die Hinweise entgegennimmt und bearbeitet.

Einige Experten rechnen damit, dass ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Union gegen Deutschland eingeleitet wird, wenn das Konzernprivileg weiterhin in der bestehenden Form im Gesetz verbleibt. Aktuell läuft bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik, weil Deutschland die Umsetzungsfrist verpasst hat. Die Bundesrepublik hätte bis zum Dezember 2021 ein entsprechendes Gesetz verabschieden müssen – tat es aber nicht.

Unternehmen dürfen auf externe Dienstleister zurückgreifen

Insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen bietet es sich an, einen externen Dienstleister für das Einrichten und Betreiben eines sicheren Hinweisgebersystems hinzuzuziehen. Vor diesem Hintergrund erlaubt die Whistleblower-Richtlinie und auch das deutsche Hinweisgeberschutzgesetz, dass Unternehmen die Aufgabe des Whistleblower-Beauftragen an eine externe Stelle auslagern und benennt dafür explizit Rechtsanwälte. Wir von der Rechtsanwaltskanzlei VON RUEDEN bieten mit WhistlePort eine gesetzeskonforme Meldeplattform zur Umsetzung des Hinweisgeberschutzgesetzes an. Das Portal lässt sich schnell implementieren und so den eigenen Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten zugänglich machen. Zudem bieten wir die Option an, Meldungen von unseren erfahrenen Rechtsanwälten prüfen und bearbeiten zu lassen. Nehmen Sie bei Interesse gern Kontakt zu uns auf!