Ungültiger Bußgeldkatalog: Werden die Bußgelder jetzt zurückgezahlt?

Veröffentlicht am in Verkehrsrecht

Der neue Bußgeldkatalog im Verkehrsrecht ist ungültig. Bekommen geblitzte Fahrer nun ihr bereits gezahltes Bußgeld wieder zurück? Und können verhängte Fahrverbote doch noch verhindert werden? Nur ein Bundesland überweist gezahlte Strafen an die Autofahrer zurück; bei den Fahrverboten sind sich die Länder bisher uneins.

Umgang mit zu hohen Strafen bundesweit unterschiedlich

Wer zwischen 28. April und 2. Juli 2020 zu schnell fuhr und geblitzt wurde, hatte Pech. Denn: Diese Fahrer wurden nach dem vorrübergehenden, neuen Bußgeldkatalog bestraft, der härtere Konsequenzen für Tempoverstöße vorsah. Unter anderem wurden in diesem Zeitraum bereits Fahrverbote verhängt, wenn der Fahrer innerorts 21 km/h zu schnell unterwegs war. Aufgrund eines Formfehlers ist dieser schärfere Bußgeldkatalog ungültig und der alte, mildere Katalog gilt wieder.

Es stellt sich die Frage, ob auch die verhängten Strafen aus dem nichtigen Bußgeldkatalog ungültig sind. Immerhin haben zehntausende Autofahrer die hohen Bußgelder aus dem neuen Katalog bezahlt. Es soll deutschlandweit um einen zweistelligen Millionenbetrag gehen. Der Umgang mit den zu viel gezahlten Bußgeldern ist bundesweit allerdings nicht einheitlich.

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Werden die Bußgelder wieder erstattet?

Am 13. Juli habe es, laut Informationen der WELT AM SONNTAG, eine Telefonkonferenz zwischen dem Bundesverkehrsministerium und den Verkehrsministern der Länder gegeben. Dabei wurde festgelegt, dass die geblitzten Autofahrer ihre Bußgelder nicht erstattet bekommen. Brandenburg hat sich entschieden, gegen diese Absprache zu handeln. Das Bundesland überweist als einziges die zu viel gezahlten Gelder an die Autofahrer zurück. Das betrifft mehr als 40.000 Brandenburger Bußgeldbescheide.

Werden Fahrverbote tatsächlich durchgesetzt?

Bei den Fahrverboten, die aufgrund des strengeren Bußgeldkatalogs viel schneller verhängt wurden, sind sich die Länder uneins. Neben Brandenburg verzichten auch Hessen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz auf die Durchsetzung der Fahrverbote. Berlin prüft derzeit 673 Fahrverbote, so das Berliner Polizeipräsidium.

Bekommt man den Führerschein wieder zurück?

Auch die Rückgabe der Führerscheine handhaben die Bundesländer unterschiedlich. Teils wird die Fahrerlaubnis unaufgefordert zurückgeschickt, teils kann sie bei der Polizeidienststelle abgeholt werden. Bayern und das Saarland geben die Führerscheine zurück; die übrigen Länder prüfen die Fälle noch.

Werden die Punkte in Flensburg wieder gelöscht?

Ob die Punkte in Flensburg gelöscht werden – und wie viele Punkte überhaupt fälschlicher Weise ins Flensburger Fahreignungsregister eingetragen worden sind – ist nicht klar. Das Kraftfahrt-Bundesamt, das dem Verkehrsministerium untersteht, beantwortete die Fragen der WELT AM SONNTAG dazu nicht.

Scheuer will neuen Bußgeldkatalog abmildern

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer versucht den Formfehler seines eigenen Ministeriums dazu zu benutzen, grundlegende Änderungen im Bußgeldkatalog vorzunehmen, bevor er wieder in Kraft tritt. Verkehrsminister Scheuer will die Verschärfungen bei den Fahrverboten nach Protesten unter den Autofahrern wieder zurückdrehen. Er sieht sie mittlerweile als „unverhältnismäßig“ an. Die von Scheuers Ministerium überarbeitete Version des Katalogs muss jedoch erneut den Bundesrat passieren, bevor sie gültig wird. Einige der dort vertretenen Bundesländer haben jedoch bereits Widerstand gegen einen abgeschwächten Bußgeldkatalog angekündigt.

Sachsen, Niedersachsen, Thüringen und Bremen lehnen mildere Fahrverbotsregelungen strikt ab. Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen haben immerhin Skepsis gegenüber einem abgeschwächten Bußgeldkatalog geäußert. Der Verkehrsminister dürfte es damit schwer haben, einen Katalog mit milden Strafen durch den Bundesrat zu bekommen. Das bedeutet allerdings auch, dass noch viel Zeit verstreichen wird, bis ein überarbeiteter Bußgeldkatalog in Kraft tritt. Bis dahin müssen weiter die milden Strafen aus dem alten Bußgeldkatalog angewendet werden.

Haben Sie einen Bußgeldbescheid wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit erhalten? Lassen Sie sich unbedingt anwaltlich beraten! Möglicherweise können Sie Einspruch gegen den Bescheid einlegen und die Strafen damit abwenden. Die Kanzlei VON RUEDEN hat sich auf das Verkehrsrecht spezialisiert. Nutzen Sie unseren kostenlosen Online-Check und nehmen Sie Kontakt zu uns auf!