Landgericht Potsdam im Dieselskandal: VW muss vollen Preis seit Abschluss des Vertrages verzinsen – kein Abzug wegen gefahrener Kilometer

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Die 6. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam hat in einem Urteil einem von der Kanzlei VON RUEDEN vertretenen Verbraucher die Erstattung des gesamten Kaufpreises seines vom Dieselabgasskandal betroffenen Fahrzeugs gegenüber der Volkswagen AG zugesprochen (LG Potsdam, Urt. v. 03.05.2019, 6 O 433/17), n. rk.). Dabei hat der Beklagte für die mehrjährige Nutzung des streitgegenständigen Fahrzeugs keinen Nutzungsersatz zu leisten.

Der von der Kanzlei VON RUEDEN vertretene Kläger aus Falkensee erwarb seinen Wagen, einen Skoda Yeti 2.0 TDI DSG 4×4 Experience Plus Edition im Jahr 2011 bei einem Autohaus in Falkensee bei Berlin. Das Fahrzeug ist mit einem Motor des Typs EA 189 ausgestattet. Im Jahr 2018 reichte die Kanzlei VON RUEDEN für den Kläger die Klage bei dem Landgericht Potsdam ein und beantraget Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückübereignung des Fahrzeugs. Das Gericht folgte in seiner Entscheidung in vielen Punkten der Argumentation der Kanzlei VON RUEDEN und sprach dem Kläger einen Schadensersatzanspruch aus sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB in Höhe des gezahlten Kaufpreises zu.

Dieselskandal: Über sieben Jahre kostenlose Nutzung

Besonders hervorzuheben ist an dieser Entscheidung, dass der Kläger keinen Nutzungsersatz für die mit dem Wagen gefahrenen Kilometer zu zahlen hat. Bisher hatten Gerichte stets dahingehend geurteilt, dass Autofahrer für jeden mit dem Wagen gefahrenen Kilometer ca. 0,15 Euro Wertersatz zu leisten haben. Nach Ansicht der 6. Zivilkammer stünde dies jedoch im Widerspruch zum Kaufvertrag, an den der Kläger gerade wirtschaftlich nicht gebunden werden solle – eine Zurechnung gefahrener Kilometer würde dagegen ein wirtschaftliches Festhalten an dem Kaufvertrag darstellen. „Der Eingriff in die durch § 826 BGB geschützte Dispositionsfreiheit würde nicht kompensiert, sondern perpetuiert werden“, sagte der Berliner Rechtsanwalt Johannes von Rüden am Mittwochvormittag in Berlin.

Das Gericht kritisiert, dass der unerwünschte Kaufvertrag durch die Zugewährung einer Vorteilsanrechnung faktisch zu einem Mietvertrag umgewandelt werden würde. Das Gericht kritisiert ferner, dass die Vorteilsanrechnung an dem Kaufpreis des Fahrzeugs bemessen werden würde – dieser jedoch wohl überhöht sei, so dass es zu einer unbilligen Entlastung käme. Eine Verzinsung des Kaufpreises wie eine Verzinsung von weggenommenen Sachen nach § 849 BGB begründeten die Potsdamer Richter damit, dass dem Kläger durch die Täuschung über die fehlende Zulassungsvoraussetzungen der Kaufpreis im Sinne dieser Vorschrift entzogen wurde. Damit hat die Volkswagen AG den ursprünglichen Kaufpreis in Höhe von 33.500 Euro seit 2018 mit 4 Prozentpunkten zu verzinsen.