Motor EA288: Wie VW eine neue Diesel-Klagewelle verhindern will

Veröffentlicht am in Abgasskandal

Die Volkswagen AG muss sich noch mit zehntausenden offenen Diesel-Klagen herumschlagen. Jetzt versucht der Wolfsburger Autokonzern, eine erneute Klagewelle zu verhindern: Auf seiner Internetseite hat VW eine Werbekampagne der besonderen Art veröffentlicht: eine Anti-Klage-Kampagne für den Motor EA288. Kann diese Strategie aufgehen oder schürt VW damit erst recht das Misstrauen der Kunden?

Der Grund für die VW-Kampagne liegt auf der Hand: Auch der Nachfolgemotor EA288 des Skandalmotors EA189 gerät zunehmend ins Visier der Ermittler und der Druck auf den Wolfsburger Autokonzern wächst: In immer mehr Gerichtsverfahren stoßen die Vorwürfe der Kläger bei den Richtern auf offene Ohren und es werden bereits Beweisaufnahmen angekündigt.

Die drohende nächste Klagewelle will VW jetzt offenbar im Keim ersticken – mit einer fragwürdigen Kampagne gegen Verbraucheranwälte, die Kläger im Abgasskandal vertreten. Darin heißt es unter anderen, die Vorwürfe der Klägeranwälte, dass eine unzulässige Abschalteinrichtung in Fahrzeugen mit EA288 Motoren verbaut wurde, seien haltlos. Wirklich? Nicht nur Klägeranwälte, auch viele Richter sehen das anders.

Illegale Abschalteinrichtungen im VW-Motor EA288

Zum Motor EA288 mit Euro 5- oder Euro 6-Norm wurden interne Papiere des Konzerns bekannt, aus denen hervorgeht, dass auch in diesen angeblich „sauberen“ Motoren noch mindestens bis Mitte 2016 eine illegale Abschalteinrichtung verbaut wurde – die sogenannte Fahrkurvenerkennung. Trotzdem erklärt VW den Betroffenen, dass eine Schadensersatzklage gegen VW bei Fahrzeugen mit dem EA288-Motor aussichtlos sein soll.

Doch vor immer mehr Oberlandesgerichte (OLG) sind Entscheidungen zugunsten der Kläger zu erwarten, darunter vom OLG Köln, vom OLG München, vom OLG Celle und vom OLG Oldenburg. Von zahlreichen Landgerichten liegen bereits verbraucherfreundliche Urteile vor: Das Landgericht Duisburg hatte dem Besitzer eines Golf VII schon im Oktober 2018 Schadenersatz wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung zugesprochen. VW hat die Zykluserkennung nicht abgestritten, hält sie allerdings für legal.

Im März 2020 gab auch das LG Regensburg dem Käufer eines VW Golf VII Recht. In diesem Fall hatte der Kläger ein internes VW-Dokument vorgelegt, aus dem hervorging, dass bei der Abgasreinigung zwischen Prüfmodus und realem Straßenverkehr unterschieden wird – laut Gericht eine unzulässige Abschalteinrichtung. Es folgten mehrere weitere verbraucherfreundliche Entscheidungen zu Fahrzeugen mit dem Motor EA 288: von den Landgerichten Wuppertal, Baden-Baden, München, Heilbronn, Hagen, Offenburg, Darmstadt, Regensburg, Potsdam, Düsseldorf, Duisburg und Oldenburg.

Motor EA288 mit Abschalteinrichtung Thermofenster

Vor dem Landgericht Wuppertal hat VW eingeräumt, im Motor EA288 ein sogenanntes Thermofenster verbaut zu haben (Az.: 2 O 273/18). Das Thermofenster steuert abhängig von der Außentemperatur die Abgasreinigung: Ist es draußen sehr warm oder kalt, werden die Abgase nicht oder nur teilweise gereinigt.

Durch die Ausführungen von EuGH-Generalanwältin Eleanor Sharpston bekommen Kläger im Abgasskandal kräftigen Rückenwind. Sie hält Abschalteinrichtungen wie das Thermofenster grundsätzlich für unzulässig, wenn sie zu einem erhöhten Schadstoffausstoß im Straßenverkehr führen. Ausnahmen seien nur zum unmittelbaren Schutz des Motors vor Beschädigung zulässig – Abschalteinrichtungen wie das Thermofenster gehören ihrer Ansicht nach nicht zu den Ausnahmen. Der VW-Abgasskandal ist also noch lange nicht zu Ende.

Schadensersatzklagen können sich lohnen – auch beim Motor EA288

Die Urteile gegen VW machen deutlich, dass Besitzer von Dieselfahrzeugen mit dem Motortyp EA288 Schadenersatzansprüche durchsetzen können – auch wenn noch kein verpflichtender Rückruf durch das Kraftfahrt-Bundesamt vorliegt. VW bietet unter dem Code 23X4 bereits ein freiwilliges Softwareupdate an. Der Grund: Die Leistung des NOx-Speicherkatalysators könne sich mit zunehmendem Alter verschlechtern, wodurch es zu einen erhöhten Schadstoffausstoß in der Warmlaufphase kommen könne. Interessant.

Wir raten betroffenen Fahrzeughaltern, den freiwilligen Rückrufen von VW nicht zu folgen. Die Softwareupdates können unerwünschte Nebenwirkungen haben und den Wert des Fahrzeugs mindern. Nutzen Sie besser unsere kostenlose Erstberatung und lassen Sie prüfen, ob sich eine Einzelklage auf Schadensersatz in Ihrem Fall lohnt. Die Kanzlei VON RUEDEN vertritt über 12.000 Mandanten im Abgasskandal – auch Besitzer von VW-Dieselfahrzeugen mit dem Motor EA288. Machen Sie mit unserer Unterstützung der Ihr gutes Recht im Abgasskandal geltend!