OLG Karlsruhe: VW schuldet Käufern Deliktszinsen

Veröffentlicht am in Abgasskandal

Gute Nachrichten für VW-Kunden: Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hat in einem Urteil vom 19. November 2019 entschieden, dass einem Dieselkäufer ab Zahlung des Kaufpreises Zinsen zustehen. Volkswagen muss dem Kunden demnach den vollständigen Kaufpreis erstatten und zusätzlich vier Prozent Zinsen pro Jahr zahlen. Damit hat das OLG Karlsruhe den Schadensersatzanspruch eines Dieselkäufers gegen die Volkswagen AG ausgeweitet. Neben der Zahlung von Deliktszinsen muss der Konzern auch die Kosten eines Kreditschutzbriefs übernehmen.

Der Kläger hatte im Jahr 2013 einen gebrauchten VW Touran mit dem Motor EA 189 gekauft und den Kaufpreis in Höhe von 16.700 Euro teilweise durch ein Darlehen finanziert. Dafür hatte er auch einen Kreditschutzbrief abgeschlossen. Im Rahmen des Abgasskandals verlangte er von VW als Schadensersatz die Rückzahlung des Kaufpreises und der bisher gezahlten Darlehensraten – Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeugs. Außerdem klagte er auf Deliktszinsen ab Zahlung der Darlehensraten.

Der 13. Senat des Landgerichts Karlsruhe gab der Klage am 11. September teilweise statt, allerdings ohne die verlangten Zinsen. Ein Zinsanspruch des VW-Kunden bestehe nicht. Daraufhin haben beide Parteien Berufung gegen das Urteil eingelegt.

Berufung für Kläger erfolgreich

Der 17. Senat des OLG Karlsruhe hat das Urteil jetzt teilweise abgeändert: Wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung nach § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) hafte VW und müsse dem Autokäufer den gezahlten Kaufpreis und die an die finanzierende Bank erbrachten Raten zurückzahlen.

Zudem habe der Kläger Anspruch auf Erstattung der Kosten für den Kreditschutzbrief, den er mit dem Darlehensvertrag abgeschlossenen hatte. Das OLG sprach dem Kläger außerdem Deliktszinsen nach § 849 BGB in Höhe von vier Prozent jährlich ab Zahlung der Darlehensraten zu. Die Nutzungsvorteile für gefahrene Kilometer müssten aber abgezogen werden.

Unterschiedliche Urteile zu Deliktszinsen

Die Frage, ob Dieselkäufer von VW Deliktszinsen fordern können, wird von den Oberlandesgerichten unterschiedlich beurteilt. Auch das OLG Schleswig Holstein entschied – ebenfalls am Freitag, den 19. November – dass der Zahlungsanspruch erst ab Rechtshängigkeit verzinst werden muss.

Im April 2019 kam das OLG Köln zu einem ähnlichen Ergebnis wie der 17. Senat des OLG Karlsruhe. Es entschied, dass der Zinsanspruch schon ab dem Kaufdatum bestehen kann. Das OLG Köln stellte eine sittenwidrige Schädigung der Kunden durch VW fest, was zu einem Schadensersatzanspruch aus §§ 826, 31 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) führe.

Zinsanspruch aufgrund von Wertminderung

Weiter hieß es, der Anspruch bestehe nicht nur ab Erhebung der Klage, sondern sei auch schon vorher zu verzinsen. Der frühere Zinsanspruch ergebe sich dabei aus §§ 829, 246 BGB als sogenannter Deliktszins. „Ist wegen der Entziehung einer Sache der Wert oder wegen der Beschädigung einer Sache die Wertminderung zu ersetzen“, kann der Verletzte den Betrag verzinsen, bestimmt § 849.

Auch das Landgericht Darmstadt hatte kurz darauf geurteilt, dass Volkswagen für den Vertrieb von Fahrzeugen mit manipulierten EA 189 Motoren neben der Rückzahlung des Kaufpreises auch Deliktszinsen in Höhe von vier Prozent jährlich auf den gesamten Kaufpreis schuldet. Im Urteil vom 13. Mai 2019 – 3 O 330/18 – heißt es:

„Der Zinsanspruch für die Zeit vor Rechtshängigkeit folgt aus § 849 BGB. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Zinsen in Höhe von 4 % aus (…) € für die Zeit ab der Zahlung des Kaufpreises. Die Beklagte hat dem Kläger durch eine unerlaubte Handlung Geld im Umfang von (…) € entzogen. § 849 BGB erfasst jeden Sachverlust durch ein Delikt. Auch wenn der Schädiger den Geschädigten durch eine unerlaubte Handlung dazu bestimmt, eine Sache wegzugeben oder darüber zu verfügen, entzieht er sie ihm (BGH, Versäumnisurteil vom 26.11.2007, Az.: BGH Aktenzeichen II ZR 167/06).“

Sowohl das Karlsruher als auch das Schleswig-Holsteinische OLG haben die Revision zugelassen. Eine endgültige Klärung dieser Fragen durch den Bundesgerichtshof steht also noch aus.