Erstes Fiat-Urteil der Kanzlei VON RUEDEN: Landgericht stuft Abschalteinrichtung im Wohnmobil als klar illegal ein

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Das Landgericht Dessau-Roßlau hat die FCA Italy S.p.A. – Hersteller von Fiat-Dieselmotoren – verbraucherfreundlich verurteilt. Es ist das erste Fiat-Urteil der Kanzlei VON RUEDEN und das zweite insgesamt im Wohnmobil-Abgasskandal (Urteil vom 14. April 2022, Az. 4 O 315/21). Das Gericht bewertet die Timerfunktion in der Motorsteuerung mit gravierenden Auswirkungen auf die Abgasreinigung ganz klar als illegale Abschalteinrichtung.

Der Kläger, der von der Kanzlei VON RUEDEN vertreten wurde, hatte ein Knaus-Wohnmobil als Neufahrzeug für 50.199 Euro gekauft. Die Basis dieses Reisemobils bildete ein Fiat Ducato mit dem Dieselmotor Fi1 der Abgasnorm Euro 6. Verantwortlicher Hersteller war die italienische FCA Italy S.p.A. aus Turin. Das Landgericht Dessau-Roßlau verurteilte den Fahrzeughersteller nun zur Zahlung von 42.964,84 Euro Schadensersatz zuzüglich Zinsen an den Kläger und zur Rücknahme des manipulierten Wohnmobils.

Abschalteinrichtung: Zeitschaltuhr deaktiviert Abgasreinigung nach 22 Minuten

In der Motorsteuerung des Wagens war eine Zeitschaltuhr aktiv, die die Abgasreinigung nach rund 22 Minuten deaktivierte. Damit orientierte sich die Dauer der intensiven Abgasrückführungsrate am Prüfzyklus der Zulassungsbehörden, die rund 20 Minuten dauern. Nach dieser Zeit stieß das Wohnmobil weit mehr schädliche Stickoxide aus als gesetzlich erlaubt. Das Landgericht Dessau-Roßlau sieht in dieser Funktion eine unzulässige Abschalteinrichtung, die „in objektiver und subjektiver Hinsicht eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung gemäß §§ 826, 31 BGB“ darstellt.

„Schon aus der Funktionsweise der Zeitschaltuhr wird deutlich, dass diese einzig und allein dafür geschaffen wurde, die gesetzlichen Vorschriften zu umgehen“, erklären die Richter im Urteil. „Andere Gründe, als die größtmögliche Profitmaximierung, sind hierfür nicht ersichtlich.“ Damit habe der Hersteller die reine Profitmaximierung dem Umweltschutz und die Belange der potenziellen Käufer übergeordnet und die Verbraucher getäuscht. Das Gericht geht zudem davon aus, dass neben dem Wohnmobil des Klägers noch weit mehr Fiat-Fahrzeuge eine solche illegale Abschalteinrichtung in Form einer Zeitschaltuhr enthalten.

Wohnmobil-Abgasskandal: Fiat streitet Timerfunktion nicht ab

Das Landgericht Dessau-Roßlau bemängelt im Urteil zudem, dass die FCA Italy S.p.A. nicht zur Aufklärung und Schadensbegrenzung beigetragen habe. So habe sich Fiat zum Beispiel geweigert, die Motorsteuerung gegenüber dem zuständigen Kraftfahrt-Bundesamt offenzulegen und Angaben über mögliche Abschalteinrichtungen im Motor zu machen.

Die FCA Italy S.p.A. selbst hat während des Verfahrens nicht abgestritten, einen 20-minütigen Timer in der Motorsteuerung verbaut zu haben. Das Unternehmen erklärte lediglich, dass es sich bei der Zeitschaltuhr nicht um eine illegale Abschalteinrichtung handele. Dem folgte das Landgericht Dessau-Roßlau nicht, denn: „Einem objektiven Dritten ist bei vernünftiger Betrachtungsweise sonnenklar, dass es nicht gesetzeskonform sein kann, die Abgase nur für ca. 22 Minuten zu reinigen. In Anbetracht des Umstandes, dass die Abgasreinigung damit exakt nach Ablaufen des Prüfstandes endet, drängt sich jedermann auf, dass dies einzig und allein dazu dient, die gesetzlichen Vorschriften zu den Abgasgrenzwerten zu umgehen“, erklärt das Gericht in dem Urteil.

Verbraucher, die ebenfalls ein Wohnmobil mit einem Fiat-Dieselmotor fahren, können sich von der Kanzlei VON RUEDEN kostenlos zu ihren Rechten beraten lassen. Die Kanzlei vertritt bundesweit mehr als 14.000 Mandanten gegen deutsche und internationale Fahrzeughersteller im Abgasskandal.