Gab es auch bei neueren Motoren in VW-Diesel-Fahrzeugen Manipulationen? Die Staatsanwaltschaft hat jedenfalls kürzlich erneut die Büros des Autobauers in Wolfsburg durchsucht. Hintergrund sollen Ermittlungen gegen Einzelbeschuldigte sein, die sich auf Dieselfahrzeuge mit Motoren des Typs EA 288 bezögen, so der Konzern. Es gehe dabei um technische Sachverhalte, die VW den zuständigen Ermittlungs- und Zulassungsbehörden selbst bereits offengelegt habe.
Volkswagen kooperiere mit der Staatsanwaltschaft, obwohl man deren Rechtsauffassung und die daraus resultierenden Ermittlungen für unbegründet halte. Die Staatsanwaltschaft hat die Durchsuchung bestätigt, aber keine Details bekanntgegeben. Ziel der Aktion war laut einen Sprecher der Ermittlungsbehörde die Beschlagnahme von Unterlagen.
Die neue Ehrlichkeit bei VW
Das Interesse am Diesel-Skandal ist weiterhin groß. Vertrauliche Information oder Papiere wurden an Journalisten weitergegeben, darunter Unterlagen aus dem Volkswagen-Konzern. Sie sollten beweisen, dass neben dem Diesel-Motor EA 189 auch der Nachfolger EA 288 von Manipulationen betroffen sei.
Wenn sich das bestätigen sollte, wäre das für Volkswagen ein weiteres Desaster im Abgasskandal: Der EA 288 mit der Euronorm sechs sollte schließlich sauber sein und das schwer angeschlagene Image des Konzerns wieder aufpolieren. Er wurde in zahlreichen aktuellen Modellen von Audi und VW mit dem Versprechen einer neuen Ehrlichkeit verbaut.
Bislang keine Beweise für neue Manipulationen
Laut einem Konzernsprecher hat Volkswagen den EA 288 unmittelbar nach Bekanntwerden den Dieselskandals Ende 2015 überprüft, weil dieser Motorentyp in den USA manipuliert wurde. Auch das Kraftfahrt-Bundesamt habe die Fahrzeuge eingehend auf mögliche unzulässige Abschalteinrichtungen untersucht.
Dabei hätten sich Hinweise, die Fahrzeuge mit der Baureihe EA 288 mit Abgasnorm Euro sechs seien ebenfalls manipuliert, als unbegründet erwiesen. Außerdem habe das Kraftfahrt-Bundesamt 2016 eigene Messungen und Analysen an dem Motor durchgeführt. Unzulässige Abschalteinrichtungen seien dabei nicht festgestellt worden. Es fand sich also kein kein hinreichender Beweis für eine unerlaubte Abschalteinrichtung in der Steuerungssoftware des Motors EA 288 mit Abgasnorm Euro sechs.
Die meisten Medien, die sich ausgiebig mit dem Dieselbetrugs beschäftigt haben, hielten sich daher zurück. Ein im September ausgestrahlter Beitrag des Südwestrundfunks entpuppte sich als Eintagsfliege: Das Kraftfahrtbundesamt und auch das Bundesverkehrsministerium hatten im Anschluss noch einmal bestätigt, dass es trotz gezielter Tests keinerlei Hinweise auf eine unzulässige Abschalteinrichtung gebe.
Der Volkswagen-Untersuchungsbericht der Bundesregierung war im April zu dem selben Ergebnis gekommen. Volkswagen-Chef Herbert Diess äußerte sich im Herbst in der ZDF-Sendung Maybrit Illner dazu: „Der Motor hat keine unzulässige Abschaltvorrichtung. Gottseidank ist nichts dran an der Geschichte.”
Warum die erneuten Durchsuchungen?
Das Vertrauen in Volkswagen ist erschüttert und man wird immer wieder Zweifel an allen Aussagen des Autobauers hegen. Die erneuten Durchsuchungen der Staatsanwaltschaft bei Volkswagen gründeten sich auf Verdachtsmomente beim EA 288. Auch wenn jetzt gegen einzelne Personen und nicht gegen den Konzern ermittelt wird, fragt man sich, was die Ermittler suchen. Trauen die Staatsanwälte in Braunschweig dem KBA nicht?
Das Handelsblatt zitiert Ermittlungsakten, in denen vernommene Zeugen Hinweise darauf geben, dass der Datensatz des EA 288 doch problematisch gewesen sein könnte. Dann hätten sich sowohl das Bundesverkehrsministerium als auch das KBA getäuscht und auch externe Prüfer hätten das Problem übersehen.
„Defekte“ Warnlampe als illegale Abschalteinrichtung?
Doch nach Aussage von Volkswagen ging es bei der Durchsuchung nicht um bewusste Abgasmanipulation, sondern um das ordnungsgemäße Funktionieren einer Warnlampe im Auto. Sie zeigt an, wenn der SCR-Katalysator ausfällt, der Stickoxide auffängt. Diese Warnlampe müsste aber auch melden, wenn sich der Zufluss des Reinigungszusatzes AdBlue vermindert. Tut sie das nicht, könnte das Fahrzeug unbemerkt mehr Stickoxide ausstoßen, als erlaubt.
Aus genau diesem Grund hat das Kraftfahrt-Bundesamt bereits eine sechsstellige Zahl Dieselfahrzeuge von Porsche, Audi und VW zurückgerufen. Könnte man eine nicht funktionierende Warnlampe beim EA 288 auch als Abschalteinrichtung bezeichnen? Mehrere Gerichte, die sich mit Klagen von VW-Kunden beschäftigen, fragen sich genau das – und warten noch auf entsprechende Gutachten. Das Thema Abgasskandal bleibt jedenfalls weiterhin spannend!