VW-Abgasskandal: Erneute Durchsuchungen bei Continental

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Im Zusammenhang mit dem VW-Abgasbetrug haben Ermittler am 12. Januar nach den Razzien im Sommer und im Herbst erneut die Geschäftsräume des Autozulieferers Continental durchsucht. Das gab ein Konzernsprecher am 28. Januar 2021 bekannt. Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt wegen des Verdachts der Beihilfe zum Betrug und der mittelbaren Falschbeurkundung in den Jahren 2006 bis 2015. Es sollen deutlich mehr Continental-Mitarbeiter an den VW-Dieselmanipulationen beteiligt gewesen sein als bislang vermutet.

Hat Continental die Abschaltfunktion mitentwickelt?

Bei den Razzien geht es konkret um die Frage, ob Mitarbeiter der früheren Siemens-Autotechnik-Sparte VDO, die 2007 von Continental übernommen wurde, den Auftrag für die Motorsteuerung einer Ausgabe des späteren VW-Diesels EA189 angenommen haben – in dem Wissen, dass Volkswagen damit betrügerische Absichten verfolgt hat.

Außerdem gehen die Ermittler Hinweisen nach, dass die Dokumentation der Abgas-Software im Motor EA189 entsprechend beeinflusst wurde. VW hat zwischen 2009 und 2015 rund drei Millionen dieser Motoren produziert. Der Autozulieferer Continental hat die Hochdruckpumpen, die Injektoren und die Motorsteuerung geliefert. Continental kooperiere mit den Behörden, so der Konzernsprecher. Einzelheiten zu den fortgesetzten Untersuchungen nannte das DAX-Unternehmen nicht.

Schon im Juli und September 2020 hatte es Durchsuchungen bei Continental gegeben – an Standorten in Hannover, Frankfurt und Regensburg. Nach den erneuten Durchsuchungen an zwei Continental-Standorten vergrößert die Staatsanwaltschaft Hannover den Kreis der Beschuldigten in den Diesel-Ermittlungen gegen den Zulieferer.

41 Verdächtigte – deutlich mehr als bislang vermutet

Wegen des Verdachts auf Beihilfe zum Betrug ermitteln die Behörden jetzt gegen 41 aktive und ehemalige Continental-Mitarbeiter. Bislang hatten sich die Vorwürfe gegen sieben Ingenieure und zwei Projektleiter gerichtet. „Der Kreis wurde erweitert, aber es ist weiterhin dasselbe Verfahren“, so der Autozulieferer. Gegen acht weitere Betroffene ermittelt die Staatsanwaltschaft zudem wegen Aufsichtspflichtverletzungen.

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Hannover, Oliver Eisenhauer, bestätigte dem Handelsblatt die Ausweitung der Ermittlungen. „Bei den ersten beiden Durchsuchungen haben wir umfangreiches Datenmaterial sichergestellt. Daraus ergaben sich weitere Verdachtsmomente, auch gegen andere Personen. Deshalb sind nun zusätzliche Mitarbeiter von Continental beschuldigt“, so der Sprecher.

Verglichen mit anderen Diesel-Ermittlungen in der Autobranche ist die Zahl der Beschuldigten bei Continental sehr groß. Nur bei Volkswagen ermitteln die Staatsanwälte gegen noch mehr Verdächtige. In Braunschweig sind es inzwischen rund 50 Ingenieure und Manager und es liegen die ersten Anklageschriften vor. Bei Audi hat das erste Strafverfahren begonnen. Verdächtigt werden rund 30 Personen, unter ihnen der ehemalige Vorstandschef Rupert Stadler. Bei Porsche werden sieben Mitarbeiter beschuldigt, in den Abgasbetrug verstrickt zu sein.

Was wussten die Continental-Ingenieure?

Den Verdächtigten bei Continental wird vorgeworfen, sich an den Diesel-Manipulationen von Volkswagen beteiligt zu haben. Sie hätten auf Wunsch des Autokonzerns eine sogenannte Fahrkurvenerkennung programmiert – eine Software, die erkennt, wenn sich ein Fahrzeug auf dem Prüfstand befindet. Diese Prüfstandserkennung soll mit dem Wissen der Continental-Ingenieure dafür missbraucht worden sein, die Abgasemissionen zu manipulieren. Continental beteuert seine Unschuld: Das Unternehmen habe an keinen seiner Kunden Software zur Manipulation von Abgaswerten geliefert, so der Konzern.

Eine Prüfstandserkennung ist nicht grundsätzlich illegal. Bei der Abgasuntersuchung wird das Fahrzeug auf dem Prüfstand über nur eine Achse beschleunigt. Damit die Fahrsysteme nicht fälschlicherweise eingreifen, wird in dem Fall eine Prüfstandserkennung benötigt. Doch die allein ist nicht in der Lage, die Abgasemissionen zu beeinflussen. Autozulieferer wie Continental beschuldigen daher die Autobauer, die Prüfstandserkennung für die Abgasmanipulation missbraucht zu haben.

Der ehemalige Continental-Konzernchef Elmar Degenhart hatte nach einer internen Untersuchung eine aktive Beteiligung des Unternehmens am VW-Dieselskandal ausgeschlossen. Auch dass Continental-Mitarbeiter VW die Einrichtung einer illegalen Abschalteinrichtung empfohlen hätten, ist bislang offenbar nicht belegt.

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