Rücknahme der Kündigung im Arbeitsrecht: Ein Vertragsangebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses

Sie haben gekündigt und bereuen Ihre Entscheidung schon jetzt? Lesen Sie hier, wann eine Rücknahme der Kündigung möglich ist und was Sie dabei beachten müssen. Außerdem erfahren Sie, wie man eine zurückgenommene Kündigung annimmt und ob eine Kündigungsschutzklage bei Kündigungsrücknahme möglich ist.

  1. Lässt sich eine Kündigung widerrufen?
  2. Rücknahme der Kündigung durch Arbeitnehmer oder Arbeitgeber: Mögliche Gründe
  3. Wann ist die Rücknahme einer Kündigung möglich?
  4. Wie kann der kündigende Vertragspartner die Kündigung zurückziehen?
  5. Wie nimmt man eine Kündigungsrücknahme an?
  6. Kündigungsrücknahme und Annahmeverzugslohn
  7. Kündigung – Rücknahme trotz Kündigungsschutzklage ablehnen?
  8. Kündigungsschutzklage: Ist bei einer Rücknahme der Kündigung eine Abfindung möglich?

Lässt sich eine Kündigung widerrufen?

Arbeitgeber oder Arbeitnehmer kündigen einen Arbeitsvertrag für gewöhnlich, um eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses herbeizuführen. Manchmal kommt es jedoch vor, dass eine Kündigung übereilt verschickt oder ausgehändigt wurde und der kündigende Vertragspartner die Kündigung im Nachhinein aus der Welt schaffen möchte. Nicht nur Arbeitgeber haben das Recht, eine bereits ausgesprochene Kündigung zurückzunehmen. Die Rücknahme einer Kündigung vom Arbeitsvertrag durch Arbeitnehmer ist ebenso möglich.

Zwar ist eine Kündigung eine einseitige Willenserklärung, zur Rücknahme dieser reicht aber das Einverständnis von nur einer Vertragspartei nicht aus. Das bedeutet, das alte Arbeitsverhältnis kann nur dann wieder aufgenommen werden, wenn der Gekündigte das Angebot zur Rücknahme der Kündigung auch annimmt. Lehnt der Gekündigte die Kündigungsrücknahme ab, endet das Arbeitsverhältnis zum Kündigungstermin. 

Rücknahme der Kündigung durch Arbeitnehmer oder Arbeitgeber: Mögliche Gründe

Kündigung zurücknehmen

Die Gründe für die Rücknahme einer Kündigung können sehr vielfältig sein – sowohl auf Seiten der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer. So können betriebsinterne Veränderungen die Rücknahme einer Kündigung durch den Arbeitgeber erfordern. Wenn beispielsweise ein Stellenabbau geplant war, der dann aber verhindert werden konnte, wird die Arbeitskraft des gekündigten Arbeitnehmers wieder benötigt. Vielleicht hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auch aufgrund falscher Verdächtigungen gekündigt und bereut sein Vorgehen nun.

Arbeitgeber ziehen eine Kündigung häufig auch aus taktischen Gründen zurück. Fechtet der Arbeitnehmer die Kündigung an, hat er oft gute Chancen im Rahmen der Kündigungsschutzklage eine Abfindungszahlung zu bekommen. Um zu verhindern, den möglicherweise aussichtlosen Prozess vor dem Arbeitsgericht zu verlieren, kommt der Arbeitgeber dem Urteil des Arbeitsgerichts zuvor und nimmt die Kündigung zurück. Er bietet dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses an. Damit spart er sich die Anwaltskosten und möglicherweise auch die Abfindungszahlung.

Auch Arbeitnehmer nehmen Kündigungen aus den unterschiedlichsten Gründen zurück. Im Ärger über den Chef oder die Kollegen ist zum Beispiel schnell die falsche Entscheidung getroffen und die Kündigung verschickt. Auch ein Jobwechsel aufgrund eines geplanten Umzugs, der dann doch nicht stattfindet, kann bewirken, dass der Arbeitnehmer seinen bisherigen Arbeitsplatz behalten möchte. 

Oft kündigt ein Arbeitnehmer auch seinen Job, weil er eine neue Anstellung in Aussicht hat. Wenn sich herausstellt, dass es mit dem neuen Job nichts wird, wird er seine schriftliche Kündigung zurückziehen, in der Hoffnung, dass er sein bisheriges Arbeitsverhältnis fortsetzen kann.

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Wann ist die Rücknahme einer Kündigung möglich?

Kündigung zurücknehmen, Job zurück

Zunächst kann jede nicht schriftlich erklärte Kündigung zurückgenommen werden, da eine mündlich ausgesprochene beziehungsweise per E-Mail, SMS, WhatsApp oder Fax versandte Kündigung nicht rechtswirksam ist. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) sieht vor, dass die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses in schriftlicher Form mit eigenhändiger Unterschrift erfolgen muss (§ 623 BGB).

Eine rechtskonforme schriftliche Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis automatisch, sobald sie dem Vertragspartner zugegangen ist oder ausgehändigt wurde. Sie kann nicht einfach zurückgenommen werden, als hätte es sie nie gegeben. Will man eine ausgesprochene Kündigung aus der Welt schaffen, müssen die Vertragspartner eine vertragliche Vereinbarung treffen. Das heißt, die Kündigungsrücknahme bedarf, anders als die Kündigung selbst, das Einverständnis des Vertragspartners.

Die einseitige Rücknahme einer Kündigung durch den Arbeitgeber oder Arbeitnehmer setzt das Vertragsverhältnis nicht wieder automatisch in Gang. Die Rücknahme der Kündigung ist rechtlich gesehen als ein Vertragsangebot zu interpretieren. Dieser Vertrag beinhaltet das Angebot, das Arbeitsverhältnis ohne Unterbrechung zu den bestehenden Konditionen fortzusetzen. Der gekündigte Vertragspartner kann das Vertragsangebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses annehmen oder ausschlagen.

Rücknahme von Aufhebungsvertrag durch Arbeitgeber? Mit einem Aufhebungsvertrag oder Auflösungsvertrag wird ein Arbeitsverhältnis einvernehmlich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer beendet. Wie auch eine Kündigung, löst der Aufhebungsvertrag den bestehenden Arbeitsvertrag auf. Eine einseitige Rücknahme des Aufhebungsvertrages nur durch den Arbeitgeber oder nur durch den Arbeitnehmer ist nicht möglich. Entscheiden sich beide Vertragsparteien zur Rücknahme des Vertrages, setzt sich das Arbeitsverhältnis wie gehabt fort.

Wie kann der kündigende Vertragspartner die Kündigung zurückziehen?

Die Kündigung selbst muss zwar in schriftlicher Form erfolgen, die Rücknahme einer Kündigung kann aber formfrei erklärt werden. Der Grund dafür ist, dass das Vertragsangebot, das Arbeitsverhältnis ohne Unterbrechung zu den bestehenden Bedingungen fortzuführen, auf einem abgeschlossenen Arbeitsvertrag basiert.

Gesetzlich ist nicht geregelt, bis wann die Rücknahme einer Kündigung erfolgen muss. Empfehlenswert ist, die Rücknahmeerklärung der Kündigung möglichst zeitnah nach dem Kündigungsschreiben zuzustellen oder dem Vertragspartner zu übergeben. In der Praxis hat sich größtenteils eine Kündigungsrücknahme innerhalb der ersten Woche nach Ausspruch der Kündigung durchgesetzt.

Auch nicht geregelt ist, wie lange der gekündigte Vertragspartner Zeit hat, einer Kündigungsrücknahme zuzustimmen. Hier hat sich ein Zeitraum von rund zehn Tagen durchgesetzt. Signalisiert der Gekündigte in dieser Zeit nicht, dass er der Rücknahme zustimmt, bleibt die Kündigung bestandskräftig.

So kann eine Vorlage für eine schriftliche Kündigungsrücknahme durch den Arbeitnehmer aussehen:

Wie nimmt man eine Kündigungsrücknahme an?

Die Annahme der Kündigungsrücknahme kann ebenso formfrei erklärt werden, zum Beispiel mündlich, per E-Mail oder schriftlich. Auch eine stillschweigende beziehungsweise konkludente Annahme der Kündigungsrücknahme oder des Angebots zur Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses ist möglich. Dabei erklärt der Vertragspartner sein Einverständnis nicht ausdrücklich, zeigt es aber durch sein Verhalten. Ein Beispiel für eine konkludente Annahme ist, wenn ein fristlos gekündigter Arbeitnehmer nach dem Kündigungsrücknahmeangebot durch den Arbeitgeber einfach an seinen Arbeitsplatz zurückkehrt und seine Arbeit fortsetzt.

Tipp für Arbeitnehmer nach einer Kündigungsrücknahme: Auch wenn die Rücknahme der Kündigung rein rechtlich gesehen formlos oder konkludent erfolgen kann, sollten Arbeitnehmer darauf bestehen, dass die zurückgenommene Kündigung noch einmal in einer Vertragsvereinbarung schriftlich festgehalten wird. Dies bietet beiden Parteien Rechtssicherheit.

Kündigungsrücknahme und Annahmeverzugslohn

Sobald der gekündigte Vertragspartner das Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses akzeptiert, wird das Arbeitsverhältnis wieder in Kraft gesetzt. Im Rahmen der Kündigungsrücknahme wird der Arbeitgeber verpflichtet, das Gehalt für den Zeitraum, in dem der Arbeitnehmer nicht gearbeitet hat, nachzuzahlen.

Nimmt der gekündigte Vertragspartner das Angebot zur Rücknahme der Kündigung nicht an, kommt das Arbeitsverhältnis nicht mehr zustande und der Arbeitgeber muss auch keinen Annahmeverzugslohn zahlen.

Kündigung – Rücknahme trotz Kündigungsschutzklage ablehnen?

Kündigungsschutzklage

Das eigentliche Ziel einer Kündigungsschutzklage ist, die Unwirksamkeit einer durch den Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung feststellen zu lassen, damit der Arbeitnehmer seinen Job behalten kann. Viele Arbeitnehmer verfolgen bei einer Kündigungsschutzklage aber nicht unbedingt das Ziel, wiedereingestellt zu werden, sondern erhoffen sich eine möglichst hohe Abfindung. Nimmt der Arbeitgeber nun während des Klageverfahrens die Kündigung zurück, kann nicht mehr einfach eine Abfindung ausgehandelt werden.

Ein Arbeitnehmer, der Kündigungsschutzklage erhoben hat, darf frei entscheiden, ob er die Rücknahme der Kündigung durch den Arbeitgeber annimmt oder ablehnt:

  • Entscheidet sich der Arbeitnehmer für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, ist das Klageverfahren beendet. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer das Gehalt für die Zeit zwischen dem Ende der Kündigungsfrist bis zum Zeitpunkt der Kündigungsrücknahme nachzahlen. Im Gegenzug hat der Arbeitnehmer seine Arbeit unverzüglich wieder aufzunehmen.
  • Lehnt der Arbeitnehmer die Rücknahme der Kündigung durch den Arbeitgeber ab, setzt sich das Klageverfahren fort. Der Arbeitnehmer stellt dann in der Regel einen Auflösungsantrag beim Arbeitsgericht, was die Auflösung des Arbeitsverhältnisses veranlasst, insofern die Kündigung unwirksam ist. Je nachdem, ob eine Weiterbeschäftigung für den Arbeitnehmer unzumutbar ist, wird der Arbeitgeber trotz Rücknahmeangebot der Kündigung zur Zahlung einer Abfindung verurteilt.

Kündigungsschutzklage: Ist bei einer Rücknahme der Kündigung eine Abfindung möglich?

Nimmt der Arbeitgeber während des Kündigungsschutzprozesses die Kündigung zurück, kann der Arbeitnehmer nur dann eine Abfindung erhalten, wenn

  • er die Kündigungsrücknahme ablehnt,
  • einen Auflösungsantrag stellt,
  • einen Auflösungsgrund vorweist, der die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar macht,
  • das Arbeitsgericht die Kündigung für unwirksam erklärt und das Arbeitsverhältnis auflöst.

Für die Unzumutbarkeit muss es wichtige und beweiskräftige Gründe geben, wie etwa Mobbing, sexuelle Belästigung oder etwa Beleidigungen des Arbeitgebers. Die gerichtliche Auseinandersetzung über die Wirksamkeit der Kündigung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer reicht als Grund für die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung nicht aus.

Was passiert, wenn das Arbeitsgericht feststellt, dass die Kündigung zwar unwirksam ist, aber dass die Weiterbeschäftigung nicht unzumutbar ist?

  • In solchen Fällen urteilt das Arbeitsgericht, dass das Arbeitsverhältnis fortbesteht.
  • Ist der Arbeitnehmer inzwischen ein neues Arbeitsverhältnis eingegangen, kann er die Weiterbeschäftigung beim alten Arbeitgeber verweigern.
  • Ist der Arbeitnehmer arbeitslos, dann besteht das Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Arbeitgeber wieder. Der Arbeitnehmer kann das Arbeitsverhältnis dann nur mit der gesetzlich oder vertraglich vereinbarten ordentlichen Kündigungsfrist kündigen.

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