Der Motor EA288 im Dieselskandal: VW erneut zu Schadensersatz verurteilt

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Im Abgasskandal der Volkswagen AG um den Motor EA288 musste VW erneut eine Niederlage vor Gericht einstecken: Das Landgericht Bonn hat dem geschädigten Kläger Schadensersatz zugesprochen. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass der Motor EA288 in einem Golf VII 2.0 TDI Sportsvan manipuliert wurde. Zuvor war VW bereits von den Oberlandesgerichten Köln und Naumburg in Fällen zum EA288 verurteilt worden. Der Motortyp EA288 ist das Nachfolgemodell des Skandalmotors EA189 und – anders als von VW hartnäckig behauptet – ebenfalls massiv in den Abgasskandal verstrickt. Er wurde in zahlreichen Fahrzeugen des Volkswagenkonzerns und seinen Tochterunternehmen Audi, Seat und Skoda verbaut.

Vor dem Landgericht Bonn ging es um einen gebrauchten Golf VII 2.0 TDI Sportsvan mit dem Dieselmotor EA 288 der Abgasnorm Euro 6, den der Kläger im Oktober 2017 für 20.980 Euro erworben hatte. Weil das Fahrzeug über illegale Abschalteinrichtungen verfügt und im Straßenbetrieb zu viel Stickoxid (NOx) emittiert, forderte der Besitzer im Januar 2020 die Rückabwicklung des Kaufvertrags – und konnte die Richter des Landgerichts überzeugen (Az. 19 O 87/20). VW wurde zu Schadensersatz verurteilt.

Landgericht Bonn: EA288 nutzt mehrere Abschalteinrichtungen

Für das Landgericht steht fest, dass der Golf VII Sportsvan mit dem Motor EA288 über eine Prüfstandserkennung verfügt und auf dem Prüfstand die Abgasreinigung so manipuliert, dass der Stickoxidausstoß reduziert wird – ähnlich wie beim Skandalmotor EA189. Dadurch wird die gesetzliche Abgasnorm nur auf dem Prüfstand eingehalten. Der Kläger konnte das Vorhandensein der Abschalteinrichtung mit der VW-internen Applikationsrichtlinie aus dem Jahr 2015 beweisen. Darin heißt es: „NSK: Bedatung, Aktivierung und Nutzung der Fahrkurven zum Erkennen des Precon und des NEFZ, um die Abgasnachbehandlungsevents (DeNOx-/DeSOx-Events) nur streckengesteuert zu platzieren. Im normalen Fahrbetrieb strecken- und beladungsgesteuerte Platzierung der Events; Beladungssteuerung als führende Größe“.

Neben der Fahrkurvenerkennung verfügt das streitgegenständliche Fahrzeug noch über weitere Abschalteinrichtungen, darunter eine temperaturgebundene Prüfstandserkennung. Das Thermofenster dafür, dass die Abgasreinigung nur bei Temperaturen zwischen 20 und 30 Grad Celsius optimal funktioniert. Bei den klimatischen Bedingungen in Deutschland fällt sie demnach für den Großteil des Jahres aus. Zudem wird die Abgasrückführung bei einer bestimmten Drehzahl des Motors abgeschaltet. Um das „On-Board-Diagnose System“ (OBD) zu täuschen, sei das System so programmiert worden, dass es die Manipulationen in der Abgasreinigung nicht bemerkt habe, so das Landgericht.

Nach Ansicht der Richter hat die Volkswagen AG den Kläger vorsätzlich und sittenwidrig im Sinne von §826 BGB geschädigt. Der Verbraucher hätte das Fahrzeugs nie gekauft, wenn er von der Manipulation der Abgasreinigung gewusst hätte und war von einer möglichen Stilllegung des Fahrzeugs bedroht. Deshalb wird der Kaufvertrag rückabgewickelt und VW muss den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung erstatten.

Motor EA288: Der VW-Abgasskandal geht weiter

Im VW-Abgasskandal ist noch lange kein Ende in Sicht. Zum einen ist der Dieselskandal um den Motor EA189 noch nicht verjährt. Inzwischen haben bereits drei Oberlandesgerichte VW aufgrund §852 BGB zu Schadensersatz verurteilt. Das bedeutet, dass die Forderungen der Kläger erst zehn Jahre nach Kauf des Fahrzeugs verjähren. Dieser Anspruch auf Restschadensersatz besteht bei Vorliegen einer vorsätzlichen und sittenwidrigen Schädigung des Käufers – und diese Schädigung nach §826 BGB hat der BGH am 25. Mai 2020 festgestellt (Az. VI ZR 252/19).

Auch im VW-Motor EA288 sind offenbar Abschalteinrichtungen verbaut worden – und zwar nicht nur Thermofenster. Dass VW den EA288 in den USA mit einer Abschalteinrichtung ähnlich dem des Vorgänger-Diesels EA189 in den Verkauf gebracht hat, ist bereits seit 2015 bekannt. In Europa soll die Abschalteinrichtung laut VW nach der Umstellung des Motors auf Euro 6 entfernt worden sein. Doch der Konzern und das KBA haben die Einsicht in Informationen zu diesem neueren VW-Motorentyp EA288 lange verweigert, selbst nach einem verlorenen Rechtsstreit mit der Deutschen Umwelthilfe (DUH).

Erst nach einem Vollstreckungsverfahren und der Androhung von Zwangsgeld gegen das KBA bekam die DUH die Akte weitgehend ungeschwärzt ausgehändigt – inklusive der Akten zum Motor EA288. In dem KBA-Dokument werden zwei „Regenerationsstrategien auf dem Prüfstand und im Felde“ beim Motor EA288 genannt.

Wertminderung nicht hinnehmen – jetzt Geld zurückholen!

Seit Monaten wächst die Zahl der verbraucherfreundlichen Urteile zum Motor EA288. Am 19. Februar 2021 hatte das Oberlandesgericht Köln die Volkswagen AG zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt (Az. 19 U 151/20). Wenige Wochen später, am 9. April 2021, entschied auch das OLG Naumburg in einem Fall zum EA288 im Sinne des Klägers (Az. 8 U 68/20). 

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