Frist für VW-Vergleichsangebot verlängert

Veröffentlicht am in Abgasskandal

Geschädigten im Abgasskandal hat die Volkswagen AG im Rahmen der Musterfeststellungsklage einen Vergleich angeboten. Bis zum Stichtag am 20. April hatten sich dafür rund 200.000 Dieselfahrer registriert. Die Einigung sieht vor, dass betroffene Kunden für den Wertverlust ihrer Fahrzeuge Schadensersatz bekommen. Weil noch nicht alle Betroffenen zugestimmt haben, verlängert VW die Frist jetzt bis zum 30. April. Aber lohnt sich es sich, das Vergleichsangebot anzunehmen?

Ende Februar hatte sich VW mit dem Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) auf einen Diesel-Vergleich geeinigt und mehr als 260.000 VW-Fahrern, die durch den Abgasskandal getäuscht wurden, Schadensersatz für den Wertverlust ihrer Fahrzeuge angeboten. Der Vergleich richtet sich an Besitzer von Dieselfahrzeugen mit dem Motortyp EA 189. Neben VW-Dieselfahrzeugen sind also auch Autos von Audi, Skoda und Seat betroffen.

Fristverlängerung für Unentschlossene

Die Frist zur Registrierung war am Montag ausgelaufen, wurde aber wegen des „großen Interesses“ noch einmal verlängert. Kunden, die noch unentschlossen sind oder noch nicht alle Unterlagen eingereicht haben, sollen dadurch die Möglichkeit bekommen, den Vergleich doch noch anzunehmen. Sie müssen dafür in der Musterklage registriert und anspruchsberechtigt sein. Ab dem 5. Mai sollen die Anspruchsberechtigten Beträge zwischen 1350 und 6250 Euro erhalten, müssen aber im Gegenzug auf künftige Klagen verzichten. Volkswagen will so die Belastung durch den Dieselskandal eindämmen; der Konzern musste dafür bereits 31,3 Milliarden Euro aufbringen.

VW hat sich im Abgasskandal in Deutschland bislang mit etwa 200.000 Dieselfahrern auf einen Vergleich geeinigt. Aus den bisher geschlossenen Vergleichen werden rund 620 Millionen Euro ausgezahlt, teilte VW mit. Die Summe setze sich aus Einzelbeträgen von 1.350 bis 6.250 Euro zusammen, die Auszahlung beginne am 5. Mai.

Vergleich erspart langwierige Verfahren

Der Großteil der Anspruchsberechtigten scheint mit dem VW-Angebot zufrieden zu sein: „Die hohe Zahl der heute geschlossenen Vergleiche zeigt, dass das Vergleichsangebot von unseren Kundinnen und Kunden als fair empfunden wurde und der Weg zum individuellen Vergleichsabschluss gut funktioniert hat“, erklärt VW-Vorstandsmitglied Hiltrud Werner das rege Interesse. Laut VW-Justiziar Manfred Döss hat das Unternehmen damit zehntausend Kunden, Volkswagen und dem Justizsystem langwierige Verfahren erspart. Er gehe davon aus, dass sich die Zahl der Vergleichsabschlüsse noch erhöhen werde. In rund 21.000 Fällen stehe die Prüfung noch aus.

Es gab aber auch schon einige Beschwerden beim vzbv: Etwa 2.000 Verbraucher haben sich bei dem Verbraucherschutzverband beklagt, weil sie von VW falsche oder missverständliche Auskünfte bekommen oder keine Zugangsdaten für das Vergleichsportal erhalten hätten. „Volkswagen hat uns zugesagt, dass solche Fälle noch geklärt werden“, so der vzbv. Wer den Kompromiss nicht annehmen will, hat aber weiterhin auch andere Möglichkeiten.

Ist der Vergleich gar kein Vergleich?

In der FAZ schreibt der Jurist Lorenz Kähler, Dekan der Universität Bremen, VW und der vzbv hätten gar keinen Vergleich im rechtlichen Sinn geschlossen. Die veröffentlichte Einigung vermeide daher auch das Wort „Vergleich“ peinlich genau und spreche stattdessen bewusst von einer „Rahmenvereinbarung“. Laut Kähler haben VW und vzbv nämlich im Musterfeststellungsverfahren gar keinen Vergleich geschlossen. „Dieser hätte nach § 611 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) einer gerichtlichen Genehmigung bedurft. Stattdessen haben sie sich auf einen außergerichtlichen Vergleich verständigt, der sich den zivilprozessualen Anforderungen entzieht.“

Damit werde der Streit laut Kähler nicht notwendigerweise beendet: „Nicht nur bleibt es den betroffenen Käufern frei, das ihnen jeweils individuell unterbreitete Vergleichsangebot abzulehnen. Vielmehr kann es in derselben Sache zu einer neuen Musterfeststellungsklage kommen. Denn nur ein gerichtlich genehmigter Vergleich wirkt für und gegen alle für das Verfahren angemeldeten Verbraucher.“

Die Rahmenvereinbarung verpflichtet also nur den vzbv, keine neue Musterfeststellungsklage anzustrengen. Anderen Verbraucherverbänden steht es laut Kähler frei, eine neue Musterfeststellungsklage gegen VW wegen derselben Fragen zu erheben. Käufer, die das Angebot von VW nicht annehmen, können sich dann für eine solche Klage erneut anmelden – oder individuell klagen.

Einzelklagen in vielen Fällen lukrativer

Verbraucheranwälte raten betroffenen VW-Kunden, jedes Vergleichsangebot gründlich zu prüfen: Für Kunden, die ihr Auto als Gebrauchtwagen günstig gekauft haben, könnte das VW-Angebot deutlich lukrativer sein als für Halter eines teuren und wenig genutzten Autos. Für viele VW-Kunden stehen die Chancen gut, mit einer Einzelklage mehr zu erreichen als mit einem Vergleich beziehungsweise einer „Rahmenvereinbarung“. Die meisten Oberlandesgerichte entscheiden nämlich mittlerweile sehr verbraucherfreundlich.

Im Mai wird außerdem das erste und wahrscheinlich wegweisende Urteil vom Bundesgerichtshof erwartet. Das Angebot von VW könnte daher ein Versuch sein, noch vor Mai mit möglichst vielen Geschädigten zu einer vergleichsweise günstigen Einigung zu kommen. Vorbei ist der Dieselskandal für VW aber durch den Vergleich nicht. Je nachdem, wie der Bundesgerichtshof entscheidet, können Kläger mit einer höheren Entschädigung rechnen.

Sind Sie unsicher, ob Sie das Vergleichsangebot von VW annehmen sollen? Wir überprüfen für Sie gerne online, ob die angebotene Entschädigungssumme von VW fair ist oder eine Einzelklage lukrativer für Sie ist. Die Verbraucherrechtskanzlei VON RUEDEN berät und vertritt bundesweit geschädigte Dieselfahrer gegen VW und konnte schon zahlreiche verbraucherfreundliche Urteile im Abgasskandal erstreiten. Wir beraten Sie gern in einem kostenlosen Erstgespräch über Ihre Möglichkeiten! Kontaktieren Sie uns telefonisch unter 030 / 200 590 770 oder per E-Mail an info@rueden.de.