Ausbildungszeugnis: Anspruch, Fristen und Zeugnissprache

Auszubildende, die ihre Berufsausbildung abgeschlossen haben, haben Anspruch auf ein schriftliches Ausbildungszeugnis. Doch hat ein Azubi auch ein Recht auf ein Zeugnis, wenn er die Ausbildung vorzeitig abbricht oder gekündigt wird? Wir erklären, wann ein Anspruch besteht, welche Fristen der Ausbildungsbetrieb bei der Zeugnisausstellung einhalten muss und wie die Zeugnissprache zu verstehen ist.

  1. Ausbildungszeugnisse: Diese Arten gibt es
  2. Wann haben Auszubildende Anspruch auf ein Ausbildungszeugnis?
  3. Fristen zur Aushändigung des Ausbildungszeugnisses
  4. Zeugnissprache im Ausbildungszeugnis – Das bedeuten die Formulierungen
  5. Dinge, die nicht ins Ausbildungszeugnis gehören

Ausbildungszeugnisse: Diese Arten gibt es

Wie auch beim gewöhnlichen Arbeitszeugnis unterscheidet man beim Arbeitszeugnis für Auszubildende zwischen qualifiziertem und einfachen Ausbildungszeugnis sowie Zwischenzeugnis. Ganz gleich, wer das Ausbildungszeugnis (IHK, HWK etwa) ausstellt, Aufbau und Inhalt müssen dieselben Vorgaben der Rechtsprechung erfüllen.

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Einfaches Ausbildungszeugnis

Beim einfachen Arbeitszeugnis nach der Ausbildung handelt es sich um eine reine Ausbildungsbescheinigung, in der keine bewertenden Angaben zur Leistung und zum Verhaltens des Auszubildenden gemacht werden. Es ist den Ausbildern nicht erlaubt, Bewertungen in der Tätigkeitsbeschreibung zu verstecken.

Gemäß Berufsbildungsgesetz darf das einfache Arbeitszeugnis für den Lehrling ausschließlich folgende Angaben enthalten (§ 16 BBiG):

  • Art der Ausbildung (betriebliche oder außerbetriebliche Ausbildung)
  • rechtliche Ausbildungsdauer (nicht die tatsächliche Dauer)
  • Ziel der Ausbildung (der erlernte Ausbildungsberuf)
  • Inhalt der Ausbildung (während des Ausbildungsverhältnisses erworbene Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten)

Hinweis: Für Bewerbungen ist das einfache Ausbildungszeugnis nicht geeignet. Oft bewerten Personaler einfache Arbeitszeugnisse als ein Hinweis darauf, dass die Leistungen des Azubis schlecht waren oder dass es Unstimmigkeiten mit dem Ausbildungsbetrieb gab.

Qualifiziertes Ausbildungszeugnis

Arbeitszeugnis Ausbildung

Ein geeignetes Zeugnis, um sich zu bewerben, ist das qualifizierte Ausbildungszeugnis, denn darin befinden sich auch Angaben zur Leistung und zum Verhalten des Auszubildenden. Das qualifizierte Arbeitszeugnis nach der Lehre enthält alle Angaben, die auch in einem einfachen Ausbildungszeugnis Pflicht sind. Zusätzlich enthält ein qualifiziertes Arbeitszeugnis für die Ausbildung eine Leistungs- und eine Verhaltensbeurteilung:

  • Leistungsbeurteilung: unter anderem Angaben zum Engagement, zum gezeigten Interesse, zum Leistungswillen, zur Belastbarkeit, zur Geschicklichkeit, zur Kreativität, zu erworbenen Kenntnissen und Fertigkeiten, zur Selbstständigkeit, zur Sorgfalt, zum Fleiß, zur Zuverlässigkeit sowie zur Arbeitsmenge und -qualität
  • Verhalten: etwa Angaben zum Sozialverhalten am Arbeitsplatz, zum Verhalten im Umgang mit anderen Menschen, zur Anpassungsfähigkeit, zur Kooperationsbereitschaft, zum Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen oder Kunden

Grundsätzlich stellt der Ausbildungsbetrieb Lehrlingen ein qualifiziertes Zeugnis aus, wenn jedoch Unstimmigkeiten oder schlechte Leistungen die Ausbildung geprägt haben, wird der Azubi in der Regel gefragt, welche Art von Ausbildungszeugnis er bevorzugt. Verlangt der Auszubildende nur ein einfaches Ausbildungszeugnis, darf ihm kein qualifiziertes Zeugnis ausgestellt werden.

Zwischenzeugnis während der Ausbildung

Zwischenzeugnis während der Ausbildung

Der Azubi kann bereits vor Ende der Ausbildung ein Zwischenzeugnis anfordern. Das Arbeitszeugnis während der Ausbildung ist immer ein qualifiziertes Zeugnis. Es wird nicht wie das Abschlusszeugnis am Ende der Lehre in der Vergangenheitsform formuliert, sondern in der Gegenwartsform (Präsens), da der Azubi die Ausbildung noch nicht abgeschlossen hat.

Unter anderem in diesen Fällen kann der Auszubildende ein Zwischenzeugnis in der Ausbildung verlangen:

  • zu Bewerbungszwecken, um sich vor Ausbildungsende um eine Arbeitsstelle nach der Ausbildung zu bewerben
  • wenn der betreuende Ausbilder während der Lehre wechselt
  • es zu einer längeren Unterbrechung während der Ausbildung kommt (etwa aufgrund von Elternzeit)

Am Ende der Ausbildung erhält der Lehrling wie gewöhnlich sein Ausbildungszeugnis, jedoch ist der Arbeitgeber an die Beurteilung aus dem Zwischenzeugnis gebunden. Im endgültigen Ausbildungszeugnis darf der Ausbilder den Azubi nur dann abweichend beurteilen, wenn ihm erst nach dem Zwischenzeugnis Umstände bekannt geworden sind, die eine andere Beurteilung rechtfertigen. Zusätzlich sollte zwischen den beiden Zeugnissen eine längere Zeitspanne von mehr als sechs Monaten liegen.

Wann haben Auszubildende Anspruch auf ein Ausbildungszeugnis?

Wie auch jeder Arbeitnehmer ein Recht auf ein Arbeitszeugnis hat, hat auch jeder Auszubildende laut Berufsbildungsgesetz nach Abschluss der Ausbildung ein Recht auf ein Ausbildungszeugnis (§ 16 BBiG). Dabei spielt es keine Rolle, aus welchem Grund die Ausbildung letztendlich endet.

In folgenden Fällen muss der Ausbildungsbetrieb also ein Ausbildungszeugnis ausstellen:

Anspruch auf ein Ausbildungszeugnis
  • Azubi fordert kein Ausbildungszeugnis: Selbst wenn der Auszubildende ausdrücklich auf ein Ausbildungszeugnis verzichtet, muss das Zeugnis ausgestellt werden. Ein Verzicht ist gemäß Berufsbildungsgesetz unwirksam (§ 16, 25 BBiG).
  • Arbeitszeugnis nach Ausbildung und Übernahme: Auch wenn der Auszubildende nach Beendigung seiner Ausbildung weiter im Betrieb beschäftigt wird, ist ihm ein Arbeitszeugnis über die Ausbildung mit Übernahme auszustellen.
  • Vorzeitiger Abbruch: Bricht der Lehrling die Ausbildung verfrüht ab, hat er dennoch Anspruch auf ein Zeugnis.
  • Ausbildungszeugnis bei Kündigung in Probezeit: Während der Probezeit ist in der Ausbildung eine fristlose Kündigung von beiden Seiten aus jederzeit möglich. Trotz Kündigung erhält der Azubi ein Arbeitszeugnis über die Ausbildung.
  • Aufhebungsvertrag: Als Alternative zur fristlosen Kündigung bietet sich für Azubis nach der Probezeit ein Aufhebungsvertrag an, wenn sie den Ausbildungsbetrieb wechseln wollen. Dem Lehrling steht dann ein Zeugnis nach dem Aufhebungsvertrag in der Ausbildung zu.

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Fristen zur Aushändigung des Ausbildungszeugnisses

Der Anspruch auf das Arbeitszeugnis entsteht mit dem Ende des Ausbildungsverhältnisses. Gesetzlich ist keine Frist dafür festgelegt, innerhalb derer das Zeugnis ausgestellt werden muss. Da der Lehrling sein Ausbildungszeugnis als Bewerbungsunterlage für seine Arbeitsplatzsuche dringend benötigt, händigt der Ausbildungsbetrieb das Ausbildungszeugnis normalerweise am letzten Tag des Ausbildungsverhältnisses aus.

Hinweis: Es besteht für den Betrieb kein Zurückbehaltungsrecht beim Ausbildungszeugnis, etwa weil der Auszubildende das firmeneigene Werkzeug oder seine Schlüssel noch nicht wieder zurückgegeben hat.

Für den Fall, dass der Betrieb das Zeugnis nicht am letzten Ausbildungstag aushändigt, macht er sich unter Umständen schadensersatzpflichtig, wenn der Auszubildende deshalb eine Arbeitsstelle nicht antreten kann. Zudem muss der Ausbildungsbetrieb die Kosten tragen, wenn er das Arbeitszeugnis dem Azubi erst nach Ausbildungsende zusendet. Wenn das Ausbildungszeugnis nicht kurz nach Ausbildungsende beim Auszubildenden ankommt, sollte er das Zeugnis umgehend geltend machen und dem Ausbildungsbetrieb eine Zwei-Wochen-Frist für die Zeugnisausstellung setzen. Zusätzlich kann er dem Betrieb mit einer Klage vor dem Arbeitsgericht drohen.

Macht der Azubi das Zeugnis nicht geltend, verwirkt er bereits nach sechs Wochen seinen Anspruch darauf. Ein Ausbildungszeugnis nachträglich anfordern, funktioniert nur dann, wenn der Ausbildungsbetrieb auch dazu bereit ist, noch ein Zeugnis auszustellen. Liegt ein langer Zeitraum zwischen Ausbildungsende und der Anforderung nach einem Ausbildungszeugnis wird es dem Betrieb in aller Regel nur möglich sein, ein einfaches Ausbildungszeugnis auszustellen.

Zeugnissprache im Ausbildungszeugnis – Das bedeuten die Formulierungen

Das qualifizierte Ausbildungszeugnis muss wie auch das qualifizierte Arbeitszeugnis oder Praktikumszeugnis wohlwollend formuliert sein. So kommt es, dass eigentlich wohlwollend klingende Ausbildungszeugnis-Formulierungen alles andere als wohlwollend gemeint sind. Die Zeugnissprache für das Arbeitszeugnis funktioniert folgendermaßen:

Notesprachliche Umsetzung im Ausbildungszeugnis
1Zeitangabe (stets, jederzeit, immer etc.) + größtmögliches Lob (besten, vollsten, äußerst etc.)
Beispiel: „arbeitete jederzeit zu unserer vollsten Zufriedenheit“
2Zeitangabe (stets, jederzeit, immer etc.) + großes Lob (gut, vollen, in hohem Maße etc.)
Beispiel: „arbeitete jederzeit zu unserer vollen Zufriedenheit“
3keine Zeitangabe + Lob (gut, vollen, in hohem Maße etc.)
Beispiel: „arbeitete zu unserer vollen Zufriedenheit“
3-4Zeitangabe (stets, jederzeit, immer etc.) + kein Lob
Beispiel: „arbeitete jederzeit zu unserer Zufriedenheit“
4keine Zeitangabe + kein Lob
Beispiel: „arbeitete zu unserer Zufriedenheit“
5keine Zeitangabe + kein Lob + Einschränkung der Aussage (im Wesentlichen, im Großen und Ganzen, oft, grundsätzlich etc.)
Beispiel: „arbeitete im Wesentlichen zu unserer Zufriedenheit“
Notesprachliche Umsetzung im Ausbildungszeugnis
1Zeitangabe (stets, jederzeit, immer etc.) + größtmögliches Lob (besten, vollsten, äußerst etc.)
Beispiel: „arbeitete jederzeit zu unserer vollsten Zufriedenheit“
2Zeitangabe (stets, jederzeit, immer etc.) + großes Lob (gut, vollen, in hohem Maße etc.)
Beispiel: „arbeitete jederzeit zu unserer vollen Zufriedenheit“
3keine Zeitangabe + Lob (gut, vollen, in hohem Maße etc.)
Beispiel: „arbeitete zu unserer vollen Zufriedenheit“
3-4Zeitangabe (stets, jederzeit, immer etc.) + kein Lob
Beispiel: „arbeitete jederzeit zu unserer Zufriedenheit“
4keine Zeitangabe + kein Lob
Beispiel: „arbeitete zu unserer Zufriedenheit“
5keine Zeitangabe + kein Lob + Einschränkung der Aussage (im Wesentlichen, im Großen und Ganzen, oft, grundsätzlich etc.)
Beispiel: „arbeitete im Wesentlichen zu unserer Zufriedenheit“

Dinge, die nicht ins Ausbildungszeugnis gehören

Der Rechtsprechung nach muss das Arbeitszeugnis vom „verständigen Wohlwollen für den Auszubildenden getragen sein, um dem Auszubildenden das weitere berufliche Fortkommen nicht unnötig zu erschweren“. Aus diesem Grund dürfen folgende Dinge im Zeugnis für den Azubi nicht erwähnt werden:

Ausbildungszeugnis Azubi
  • Krankheiten und Schwerbehinderung des Azubis: Eine Ausnahme bilden längere Unterbrechungen der Ausbildung (etwa Elternzeit). Diese dürfen erwähnt werden, wenn sie erklären, warum die Ausbildung länger gedauert hat.
  • Beendigungsgrund etwa bei Kündigung durch den Ausbildungsbetrieb: Nur mit Zustimmung des Lehrlings darf erwähnt werden, dass die Kündigung vom Betrieb ausging. Hat der Azubi selbst gekündigt oder wurde ihm aus betrieblichen Gründen gekündigt, muss dies im Ausbildungszeugnis erwähnt werden. Andernfalls könnte beim Personaler der Eindruck entstehen, der Auszubildende sei verhaltensbedingt gekündigt worden.
  • Einmaliger Ausrutscher des Azubis: Einmaliges Fehlverhalten, das die Leistung und Führung des Auszubildenden nicht kennzeichnet, darf im Zeugnis nicht zur Sprache kommen.
  • Nichtbestehen der Prüfung: Dass der Azubi die Prüfung nicht bestanden hat, darf nur dann erwähnt werden, wenn er sie auch im dritten Anlauf nicht bestanden hat. Auch hier ist auf eine wohlwollende Formulierung im Ausbildungszeugnis zu achten (etwa „Er hat an der Prüfung teilgenommen.“).
  • Sucht und Privatleben: Mögliche Suchtleiden (Alkohol- oder Drogensucht beispielsweise) des Azubis sowie auch Dinge aus seinem Privatleben gehören nicht ins Zeugnis des Auszubildenden.
  • Gewerkschaftliche Tätigkeit: Nur wenn der Azubi es ausdrücklich wünscht, darf seine Tätigkeit in der Gewerkschaft oder seine Mitarbeit in der Jugendvertretung im Zeugnis Erwähnung finden.
  • Straftaten: Straftaten oder Strafverfahren dürfen nur dann im Arbeitszeugnis des Azubis vorkommen, wenn sie im direkten Zusammenhang mit dem Ausbildungsverhältnis stehen und die Straftat durch gerichtliche Entscheidung nachgewiesen ist.

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