Prozessarbeitsverhältnis: Alte Arbeit während Kündigungsschutzklage behalten

Für viele Arbeitnehmer ist es eine gute Lösung, während des Kündigungsschutzprozesses bei ihrem alten Arbeitgeber weiterzuarbeiten. Wir zeigen Ihnen, welche Voraussetzungen es für ein Prozessarbeitsverhältnis gibt, ob man die Prozessbeschäftigung ablehnen kann und was der Unterschied zu einer Weiterbeschäftigung ist.

  1. Was ist ein Prozessarbeitsverhältnis?
  2. Prozessarbeitsverhältnis: Voraussetzungen
  3. Kann ich ein Prozessarbeitsverhältnis ablehnen?
  4. Muster: Vertragliches Prozessarbeitsverhältnis
  5. Prozessbeschäftigung vs. Weiterbeschäftigung

Was ist ein Prozessarbeitsverhältnis?

Prozessarbeitsverhältnis

Beim Prozessarbeitsverhältnis handelt es sich um ein Angebot des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer, während der Dauer des Kündigungsschutzprozesses zu unveränderten Konditionen weiter für ihn zu arbeiten. Dabei erhält der Arbeitnehmer seinen bisherigen Arbeitslohn und wird an demselben oder einem vergleichbaren Arbeitsplatz eingesetzt. Der Arbeitnehmer muss dem Prozessarbeitsverhältnis zustimmen.

Das Prozessarbeitsverhältnis ist ein befristetes „Arbeitsverhältnis“, bei dem der Arbeitnehmer bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens weiterbeschäftigt wird. Es kann bei betriebsbedingten, bei personen- beziehungsweise krankheitsbedingten und manchmal auch bei verhaltensbedingten Kündigungen zustande kommen. Im Falle einer verhaltensbedingten Kündigung muss der Arbeitnehmer dem Prozessarbeitsverhältnis jedoch keine Folge leisten, mit einer Ausnahme: Er hat einen Weiterbeschäftigungsantrag gestellt. Damit signalisiert er, dass er trotz des ihm vorgeworfenen verhaltensbedingten Kündigungsgrundes bereit ist, weiter im Unternehmen zu arbeiten.

Kündigungsschutzprozesse sind häufig langwierig und bergen für Arbeitgeber die Gefahr, für einen langen Zeitraum Lohn nachzahlen zu müssen (Annahmeverzugslohn), ohne dass der Arbeitnehmer in dieser Zeit gearbeitet hätte. Gewinnt der Arbeitnehmer den Kündigungsschutzprozess, kann er den ihm entgangenen Lohn einfordern. Mit der Beschäftigung des Arbeitnehmers während des Prozesses kann der Arbeitgeber das Risiko minimieren, Lohn nachzahlen zu müssen, indem er den Arbeitnehmer während des Prozesses weiterbeschäftigt.

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Prozessarbeitsverhältnis: Voraussetzungen

Der Arbeitsvertrag für die Prozessbeschäftigung muss formelle Voraussetzungen erfüllen, damit er gültig ist:

  • Schriftform: Der befristete Arbeitsvertrag für die Dauer des Kündigungsschutzprozesses bedarf der Schriftform. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer das Prozessarbeitsverhältnis schriftlich anbieten und der Arbeitnehmer muss es schriftlich annehmen. Nimmt ein Arbeitnehmer die befristete Prozessbeschäftigung ohne vorherige Schriftform auf, ist die zuvor ausgesprochene Kündigung mit sofortiger Wirkung hinfällig und es besteht nach wie vor ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.
  • Sachgrund: Es muss ein Grund vorliegen, der die Befristung des Arbeitsvertrages rechtfertigt. Die Prozessbeschäftigung ist durch einen Sachgrund gerechtfertigt, wenn sie den Zweck hat, das Annahmeverzugsrisiko des Arbeitgebers abzuwenden.
  • Zumutbarkeit: Das neue Beschäftigungsangebot muss für den Arbeitnehmer zumutbar sein. Bei betriebs- und personenbedingten Kündigungen ist die vorläufige Prozessbeschäftigung grundsätzlich zumutbar, jedoch hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf die exakt gleiche Stelle. Vor allem bei fristlosen verhaltensbedingten Kündigungen kann das Prozessarbeitsverhältnis unzumutbar sein, da eine solche Kündigung zum Ansehensverlust des Arbeitnehmers führen kann.

Kann ich ein Prozessarbeitsverhältnis ablehnen?

Der Arbeitnehmer ist weder nach einer betriebs- oder personen- noch nach einer verhaltensbedingten Kündigung verpflichtet, das Angebot für ein Prozessarbeitsverhältnis anzunehmen. Allerdings kann es zu Nachteilen kommen, hat der Arbeitnehmer das Prozessarbeitsverhältnis abgelehnt.

Normalerweise müssen Arbeitgeber nach einem verlorenen Kündigungsschutzprozess für die Dauer des Prozesses Annahmeverzugslohn an den Arbeitnehmer zahlen. Hat der Arbeitgeber ihm allerdings ein Prozessarbeitsverhältnis mit Entgeltfortzahlung angeboten, das der Arbeitnehmer abgelehnt hat, hat er am Ende des Prozesses keinen Anspruch auf entgangene Lohnzahlungen. Der Arbeitnehmer muss sich also am Ende des Kündigungsschutzprozesses anrechnen lassen, was er hätte verdienen können, hätte er das Prozessarbeitsverhältnis nicht abgelehnt.

Tipp: Arbeitnehmer sollten eine durch den Arbeitgeber angebotene Prozessbeschäftigung im Zweifel annehmen. Das während des Prozessarbeitsverhältnisses erwirtschaftete Geld darf der Arbeitnehmer auch behalten, wenn die Kündigungsschutzklage erfolglos und die Kündigung wirksam ist.

Muster: Vertragliches Prozessarbeitsverhältnis

Mit dem folgenden Muster-Vertrag können Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Rahmen einer Kündigungsschutzklage ein Prozessarbeitsverhältnis vereinbaren:

Wenn die Prozessbeschäftigung zu unveränderten Bedingungen (wie im Muster-Vertrag) fortgeführt wird, hat ein Arbeitnehmer natürlich einen Anspruch auf seinen Arbeitslohn für die von ihm geleistete Arbeit. Kommt es im Prozessarbeitsverhältnis zur Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers, kann er keine Arbeitsleistung erbringen. Da aber die Beschäftigung unter denselben Bedingungen fortgeführt wird, hat der Arbeitnehmer beim Prozessarbeitsverhältnis bei Krankheit einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Dasselbe gilt im Prozessarbeitsverhältnis für den Urlaubsanspruch oder die Vergütung an gesetzlichen Feiertagen.

Prozessbeschäftigung vs. Weiterbeschäftigung

Prozessbeschäftigung

Eine Prozessbeschäftigung geht immer vom Arbeitgeber aus. Es kann vorkommen, dass ein gekündigter Arbeitnehmer zwar arbeiten will, aber sein Arbeitgeber sich querstellt. Mithilfe einer sogenannten Weiterbeschäftigung können Arbeitnehmer ihren Arbeitgeber unter bestimmten Voraussetzungen dazu bringen, sie arbeiten zu lassen. Die Weiterbeschäftigung ist allerdings erst möglich, wenn die Kündigung durch das zuständige Arbeitsgericht für unwirksam erklärt wird, der Arbeitgeber aber dennoch die Weiterbeschäftigung verweigert und in Berufung geht, weil er weiterhin von der Wirksamkeit der Kündigung ausgeht.

In diesem Fall kann der Arbeitnehmer im Zuge der Kündigungsschutzklage einen Weiterbeschäftigungsantrag stellen. Stellt das Arbeitsgericht fest, dass die Kündigung unwirksam ist, verpflichtet es den Arbeitgeber gleichzeitig, den Arbeitnehmer noch bis zum Prozessende in der nächsten Instanz zu beschäftigen.

Rechtlich gesehen sind Prozessbeschäftigung und Weiterbeschäftigung zwei unterschiedliche Dinge:

  • Prozessbeschäftigung: Ein separater Arbeitsvertrag, der auf die Dauer des Kündigungsschutzprozesses befristet ist.
  • Weiterbeschäftigung: Sie ist laut Bürgerlichem Gesetzbuch als Schuldverhältnis beziehungsweise als Tausch zu werten (§ 812 BGB).

Arbeitnehmer können ihr Recht auf Arbeit beim alten Arbeitgeber auch per Zwangsvollstreckung geltend machen. In der Regel wird der Arbeitgeber den Arbeitnehmer dann schriftlich darauf hinweisen, dass er ihn nur weiterbeschäftigt, um die drohende Zwangsbeschäftigung abzuwenden.

Hierbei handelt es sich um kein reguläres Arbeitsverhältnis, denn der Arbeitnehmer erhält keine Lohnfortzahlung bei Krankheit oder an gesetzlichen Feiertagen. Erst, wenn die Kündigung in der nächsten Instanz für unwirksam erklärt wird, muss der Arbeitgeber einen finanziellen Ausgleich für die Krankheits- und Feiertage leisten. Verliert der Arbeitnehmer den Prozess, darf er seinen erhaltenen Arbeitslohn behalten.

Hinweis: Nach einer Kündigung kann der Arbeitnehmer auch Klage auf Wiedereinstellung einreichen. Dabei kann er vom Arbeitgeber das Einverständnis zum Abschluss eines Arbeitsvertrages verlangen. Der Arbeitgeber kann ihm daraufhin ein Vertragsangebot unterbreiten oder der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer ein Vertragsangebot unterbreiten.

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