Arbeitsrecht: Ermahnung als milde Form der Abmahnung

Im alltäglichen Sprachgebrauch werden die Begriffe „Abmahnung“ und „Ermahnung“ häufig synonym gebraucht. Manchmal sagen wir auch „Rüge“, „Verwarnung“ oder „Verweis“. Im Alltag bedeuten die Begriffe in etwa dasselbe, im Arbeitsrecht hingegen nicht; da liegen zwischen einer Ermahnung und einer Abmahnung große Unterschiede, die wir Ihnen hier erläutern.

  1. Was ist der Unterschied zwischen Ermahnung und Abmahnung?
  2. Muss vor einer Abmahnung eine Ermahnung erfolgen?
  3. Wie wird eine Ermahnung erteilt?
  4. Was passiert, wenn eine Ermahnung nicht rechtens ist? – Ermahnung in der Personalakte
  5. Gegendarstellung zur Ermahnung verfassen
  6. Ermahnung vs. Abmahnung – öffentlicher Dienst

Was ist der Unterschied zwischen Ermahnung und Abmahnung?

Ermahnung Abmahnung Unterschied

Eine Ermahnung im Arbeitsrecht entspricht einer bloßen Rüge, gefährdet aber nicht das Arbeitsverhältnis und droht keine Kündigung an. Sie kann als das mildere Mittel im Vergleich zu einer Abmahnung betrachtet werden. Mit der Ermahnung will der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer verdeutlichen, dass sich dieser in einer bestimmten Situation nicht korrekt verhalten hat (etwa bei nachlassender Arbeitsleistung oder einem bestimmten Verhalten). Der Arbeitgeber möchte, dass sich das ändert, dennoch würde er nicht soweit gehen, wegen dieses Fehlverhaltens eine Kündigung auszusprechen.

Der größte Unterschied zwischen Abmahnung und Ermahnung ist, dass eine Abmahnung drei inhaltliche Anforderungen beziehungsweise Funktionen erfüllen muss:

  1. Rüge- oder Dokumentationsfunktion: Der Arbeitgeber muss ein bestimmtes Verhalten des Arbeitnehmers als Verstoß gegen den Arbeitsvertrag beanstanden.
  2. Aufforderungs- oder Hinweisfunktion: Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer dazu auffordern, dieses Verhalten in Zukunft zu unterlassen.
  3. Warnfunktion: Der Arbeitgeber muss deutlich machen, dass es im Wiederholungsfall zu einer Kündigung kommt.

Eine Ermahnung hat lediglich die Rüge- und die Aufforderungsfunktion inne, jedoch keine Warnfunktion. Somit wäre eine Ermahnung mit Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen eine Abmahnung.

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Erfüllt eine Abmahnung inhaltlich wie auch formal alle drei genannten Kriterien, kann sie die Rechtsfolge der ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung nach sich ziehen. Bei einer Ermahnung ist das nicht der Fall. Diese Übersicht fasst den Unterschied zwischen Ermahnung und Abmahnung noch einmal zusammen:

ErmahnungAbmahnung
– eine einfache Rüge
– hat keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen
– hat keine Warnfunktion, denn sie kündigt für den Wiederholungsfall keine verhaltensbedingte Kündigung an
– formale und inhaltliche Anforderungen müssen nicht erfüllt werden
– kündigt im Wiederholungsfall die Möglichkeit einer verhaltensbedingten Kündigung an
– ist mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen verbunden
– formale und inhaltliche Anforderungen (Rüge-, Aufforderungs- und Warnfunktion) müssen erfüllt werden
ErmahnungAbmahnung
– eine einfache Rüge
– hat keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen
– hat keine Warnfunktion, denn sie kündigt für den Wiederholungsfall keine verhaltensbedingte Kündigung an
– formale und inhaltliche Anforderungen müssen nicht erfüllt werden
– kündigt im Wiederholungsfall die Möglichkeit einer verhaltensbedingten Kündigung an
– ist mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen verbunden
– formale und inhaltliche Anforderungen (Rüge-, Aufforderungs- und Warnfunktion) müssen erfüllt werden

Muss vor einer Abmahnung eine Ermahnung erfolgen?

Ermahnung vor Abmahnung

Grundsätzlich kann eine Abmahnung ohne Ermahnung erfolgen. Die Abmahnung ist gegenüber einer Kündigung bereits das mildere Mittel. Es besteht also keine rechtliche Verpflichtung zum Aussprechen einer Ermahnung vor einer Abmahnung. Arbeitgebern ist dennoch zu empfehlen, bei leichteren Vergehen zunächst das Gespräch mit dem Mitarbeiter zu suchen und diesen zu ermahnen. Eine Ermahnung und eine Abmahnung gleichzeitig zu erteilen, ist nicht üblich, insofern inhaltlich dasselbe Fehlverhalten gerügt wird.

Ein Arbeitgeber ist außerdem nicht dazu berechtigt, nach einer Ermahnung eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung auszusprechen. Auch dann nicht, wenn der Arbeitnehmer das zuvor gerügte Verhalten nicht ändert. Hier muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor wirkungsvoll abmahnen; eine bloße Ermahnung reicht nicht aus.

Spricht der Arbeitgeber eine Ermahnung aus und der Arbeitnehmer ändert sein Verhalten nicht, kann er zusätzlich eine Abmahnung aussprechen. Wenn auch diese nicht zu einer Verbesserung des Fehlverhaltens führt und nicht zu erwarten ist, dass eine weitere Abmahnung etwas ändern würde, kann der Arbeitgeber die Kündigung aussprechen.

Ermahnung statt Abmahnung: Ob der Arbeitgeber eine Ermahnung oder eine Abmahnung ausspricht, liegt in seinem Ermessen. Es kommt darauf an, für wie schwerwiegend er das Fehlverhalten oder den Pflichtverstoß des Mitarbeiters erachtet.

Wie wird eine Ermahnung erteilt?

Der Arbeitgeber hat die Wahl, ob er eine schriftliche oder eine mündliche Ermahnung erteilt. Beide erfüllen die gleiche Funktion. Eine schriftliche Ermahnung kann offizieller wirken und wird von Arbeitnehmern in der Regel ernster genommen. Auch wenn die Ermahnung in die Personalakte aufgenommen werden soll, muss sie schriftlich erfolgen.

Häufig soll der Arbeitnehmer eine schriftliche Ermahnung unterschreiben, um ihren Erhalt und die Kenntnisnahme zu bestätigen. Da eine Ermahnung keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen oder eine Kündigung androht, stellt die Unterschrift normalerweise kein Problem dar. Stellt der Arbeitnehmer jedoch fest, dass die Ermahnung zu Unrecht erfolgte und das ermahnte Fehlverhalten gar nicht stattgefunden hat, sollte er die schriftliche Ermahnung nicht unterschreiben, da er sonst dem Inhalt zustimmen würde.

Ermahnung und Betriebsrat: Weder bei einer Ermahnung noch bei einer Abmahnung ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Betriebsrat im Vorfeld zu informieren, um dessen Zustimmung einzuholen. Eine Ausnahme besteht, wenn im Tarifvertrag oder in der Betriebsvereinbarung abweichende Regelungen getroffen wurden.

Was passiert, wenn eine Ermahnung nicht rechtens ist? – Ermahnung in der Personalakte

Ermahnung in der Personalakte

Ob eine Ermahnung rechtens beziehungsweise zu Recht ausgesprochen wurde, hängt maßgeblich davon ab, ob die vom Arbeitgeber erhobenen Vorwürfe zutreffen oder nicht. Treffen die Vorwürfe nicht zu, ist die Ermahnung nicht rechtens.

Arbeitgeber können eine Ermahnung in die Personalakte des Mitarbeiters aufnehmen. Im Gegensatz zur Abmahnung haben Arbeitnehmer aber keinen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber das Dokument nach einer gewissen Zeit aus der Akte wieder entfernt. Da mit einer Ermahnung keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen drohen, besteht auch kein Recht auf Entfernung. Dies gilt allerdings nur für zu Recht ausgesprochene Ermahnungen.

Fälschlicherweise ausgesprochene Ermahnungen muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers aus der Personalakte entfernen. Der Grund: Der berufliche Fortschritt kann auch durch eine zu Unrecht ausgesprochene schriftliche Ermahnung und die Dokumentation derselben in der Personalakte erschwert werden. Auch wenn die Ermahnung nicht konkret genug formuliert wurde, sodass Mitarbeiter nicht wissen, was sie an ihrem Verhalten ändern sollen, kann die Ermahnung aus der Personalakte gelöscht werden.

Gegendarstellung zur Ermahnung verfassen

Wie auch bei einer Abmahnung haben Arbeitnehmer die Chance, sich gegen eine Ermahnung zu wehren. Sie haben das Recht, für die schriftliche Ermahnung eine Gegendarstellung zu verfassen. Die Gegendarstellung führt dazu, dass die Ermahnung aus der Personalakte entfernt oder mit ihr gemeinsam Eingang in die Akte findet.

Wollen Arbeitnehmer auf eine mündliche oder schriftliche Ermahnung durch den Arbeitgeber mit einer Gegendarstellung reagieren, sollte das Schreiben folgende Punkte beinhalten:

Ermahnung: Gegendarstellung verfassen
  • Bezugsrahmen: Es ist anzugeben, auf welches Schreiben oder welche mündliche Aussage des Arbeitgebers sich bezogen wird und wann die Ermahnung erfolgt ist.
  • Hinweis auf persönliches Gespräch: Hat der Arbeitnehmer bereits das Gespräch mit dem Arbeitgeber gesucht, sollte er auch darauf verweisen (etwa „Wie bereits im persönlichen Gespräch mitgeteilt…“). Insofern noch kein Gespräch stattgefunden hat, sollte der Arbeitnehmer in der Gegendarstellung anbieten, die Angelegenheit noch einmal in einem persönlichen Gespräch klären zu wollen.
  • Vorwürfe zurückweisen: Der Arbeitnehmer muss darauf hinweisen, dass er den Vorwurf oder die Vorwürfe aus der Ermahnung für unbegründet hält.
  • Schilderung des Sachverhalts: Um die Vorwürfe zurückzuweisen, muss eine ausführliche eigene Schilderung des Sachverhalts durch den Arbeitnehmer folgen. Zur Untermauerung der Darstellung können auch Beweise oder Zeugen eingebracht werden.
  • Bitte um Entfernung aus Personalakte: Der Arbeitnehmer sollte den Arbeitgeber bitten, die Ermahnung aus der Personalakte zu löschen. Ist dies nicht möglich, kann er verlangen, dass der Arbeitgeber die Gegendarstellung der Ermahnung beifügt.

Ermahnung vs. Abmahnung – öffentlicher Dienst

Im Öffentlichen Dienst ist unter einer „Missbilligung“ oder einer „missbilligenden Äußerung“ eine Ermahnung, eine Zurechtweisung oder eine Rüge zu verstehen. Diese sind von einem Verweis als schriftlicher Tadel abzugrenzen. Beim Verweis handelt es sich im Gegensatz zur Missbilligung oder Ermahnung um eine Disziplinarmaßnahme des Dienstherrn. Sowohl die Missbilligung als auch der Verweis tadeln ein Verhalten des Beamten.

Das Beamtenrecht unterscheidet zwischen einfachen und qualifizierten Missbilligungen, beide Formen stellen aber keine Disziplinarmaßnahme dar. Gegenstand einer einfachen Missbilligung ist ein objektiv pflichtwidriges Verhalten, wobei der Dienstherr dem Beamten gegenüber kein Dienstvergehen zur Last legt. Bei einer qualifizierten Missbilligung wird dem Beamten dagegen ein Dienstvergehen zur Last gelegt. Nur schriftliche qualifizierte Missbilligungen finden Eingang in die Personalakte des Angestellten.

Eine Abmahnung im Öffentlichen Dienst entspricht der Abmahnung in anderen Arbeitsverhältnissen. Der Dienstherr oder Arbeitgeber beanstandet ein Fehlverhalten oder Leistungsmängel mit dem Hinweis darauf, dass im Wiederholungsfall das Arbeitsverhältnis gefährdet ist. Auch im Bereich des Öffentlichen Dienstes muss vor einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung eine Abmahnung des Angestellten erfolgen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Ermahnung unterscheidet sich von einer Abmahnung dadurch, dass mit ihr keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen oder eine Kündigung angedroht werden.
  • Bevor eine Abmahnung ausgesprochen wird, muss nicht zwingend eine Ermahnung erfolgen.
  • Vor einer verhaltensbedingten Kündigung muss eine Abmahnung ausgesprochen werden, eine Ermahnung reicht nicht aus.
  • Hat der Arbeitgeber die mündliche oder schriftliche Ermahnung zu Unrecht erteilt, kann der betroffene Arbeitnehmer eine Gegendarstellung verfassen.
  • Der Mitarbeiter hat kein Recht darauf, dass eine Ermahnung aus seiner Personalakte wieder entfernt wird, da mit ihr keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen verbunden sind.

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