Vertrauensarbeitszeit: Das ist beim flexiblen Arbeitszeitmodell zu beachten

Ein besonders flexibles Modell der Arbeitsorganisation ist die Vertrauensarbeitszeit. Mitarbeiter teilen dabei ihre Arbeitszeit selbstständig ein und Arbeitgeber verzichten auf eine Kontrolle der Arbeitszeiten. Im Mittelpunkt steht das Arbeitsergebnis. Erfahren Sie, wie Arbeit auf Vertrauensbasis funktioniert, welche Vor- und Nachteile es gibt und welche Rolle Arbeitszeiterfassung spielt.

  1. Arbeitszeitmodell Vertrauensarbeitszeit – Definition
  2. Vertrauensarbeitszeit: Pro & Contra für Arbeitnehmer
  3. Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern: Was ist bei Vertrauensarbeit zu beachten?
  4. Was passiert mit Überstunden bei Vertrauensarbeit?
  5. Pflicht zur Arbeitszeiterfassung: Das Ende der Vertrauensarbeitszeit?

Arbeitszeitmodell Vertrauensarbeitszeit – Definition

Vertrauensarbeitszeit

Vertrauensarbeitszeit (oder Vertrauensarbeit) beschreibt ein Arbeitszeitmodell, das auf dem Vertrauen des Arbeitgebers basiert. Dabei erledigt der Arbeitnehmer seine Aufgaben, ohne dass seine zeitliche Anwesenheit im Vordergrund steht. In der Regel findet also bei Vertrauensarbeitszeit keine Kontrolle der Arbeitszeiten durch den Arbeitgeber statt. Im Mittelpunkt des Arbeitszeitmodells steht die zeitgerechte und sorgfältige Erledigung vereinbarter Aufgaben durch den Arbeitnehmenden.

Meistens ist beim Vertrauensarbeitszeitmodell der Beschäftigte selbst dafür verantwortlich, seine Arbeitszeiten einzuteilen und zu erfassen. Die Regelungen aus dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) bezüglich Höchstarbeitszeiten, Ruhepausen oder Ruhezeiten sind dabei im Auge zu behalten. Letztendlich liegt die rechtliche Verantwortung über die Einhaltung der gesetzlichen oder tariflichen Vorgaben durch das Arbeitszeitgesetz beim Arbeitgeber. Dieser macht sich im Falle eines Verstoßes strafbar.

Verbreitet ist Vertrauensarbeitszeit bei Beamten (Öffentlicher Dienst), insbesondere bei Außendienstmitarbeitern oder Verwaltungsstellen, sowie im Dienstleistungsbereich, bei der Softwareentwicklung, Telekommunikation, Redaktionsarbeit oder in der Multimedia-Branche.

Eine Variante der Vertrauensarbeit ist die Vertrauensarbeitszeit mit Kernarbeitszeit. Dabei definiert der Arbeitgeber bestimmte Zeitblöcke, in denen sämtliche Arbeitnehmer im Betrieb anwesend sein müssen. Die Kernzeiten dienen zur Pflege der Teamkultur, zur Abstimmung unter den Kollegen und zum Abhalten von Meetings oder Besprechungen.

Anspruch auf Vertrauensarbeitszeit? Für Vertrauensarbeitszeit existiert keine gesetzliche Grundlage und auch es gibt auch keinen Anspruch auf dieses Modell der Arbeitsorganisation. Ein Anspruch besteht nur, wenn Vertrauensarbeitszeit durch eine Betriebsvereinbarung oder im individuellen Arbeitsvertrag festgehalten wurde.

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Vertrauensarbeitszeit: Pro & Contra für Arbeitnehmer

Wie jedes andere Arbeitszeitmodell bringt auch die Vertrauensarbeitszeit Vor- und Nachteile für die Beschäftigten mit sich:

Vorteile der VertrauensarbeitszeitNachteile der Vertrauensarbeitszeit
– Arbeitnehmer können ihre Arbeitszeit flexibel einteilen
– ermöglicht gute Work-Life-Balance
– hohe Eigenverantwortung für Mitarbeiter bezüglich Arbeits- und Erholungszeiten
– Absitzen von Arbeitszeit wird vermieden, wenn keine Arbeit da ist
– unternehmerisches Denken beim Arbeitnehmer wird gefördert
– Kontrolle der Arbeitsqualität statt Arbeitszeitkontrolle durch den Arbeitgeber
– Freizeit des Arbeitnehmers hängt vom Arbeitsaufwand ab
– erschwerte Abstimmung mit Arbeitskollegen
– kein Ausgleich für Überstunden
– überdurchschnittliches Engagement wird nicht honoriert
– Missbrauchspotenzial durch den Arbeitgeber, der mehr Arbeit bei gleichem Lohn fordert
– möglicherweise führt Leistungsdruck zur Verschlechterung des Arbeitsklimas
Vorteile der VertrauensarbeitszeitNachteile der Vertrauensarbeitszeit
– Arbeitnehmer können ihre Arbeitszeit flexibel einteilen
– ermöglicht gute Work-Life-Balance
– hohe Eigenverantwortung für Mitarbeiter bezüglich Arbeits- und Erholungszeiten
– Absitzen von Arbeitszeit wird vermieden, wenn keine Arbeit da ist
– unternehmerisches Denken beim Arbeitnehmer wird gefördert
– Kontrolle der Arbeitsqualität statt Arbeitszeitkontrolle durch den Arbeitgeber
– Freizeit des Arbeitnehmers hängt vom Arbeitsaufwand ab
– erschwerte Abstimmung mit Arbeitskollegen
– kein Ausgleich für Überstunden
– überdurchschnittliches Engagement wird nicht honoriert
– Missbrauchspotenzial durch den Arbeitgeber, der mehr Arbeit bei gleichem Lohn fordert
– möglicherweise führt Leistungsdruck zur Verschlechterung des Arbeitsklimas

Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern: Was ist bei Vertrauensarbeitszeit zu beachten?

Arbeitszeitkontrolle Vertrauensarbeitszeit

Vertrauensarbeitszeit räumt Beschäftigten nicht nur viele Rechte, sondern auch Pflichten ein. Der Arbeitgeber muss sich trotz Arbeitszeit auf Vertrauensbasis darauf verlassen können, dass sein Vertrauen nicht ausgenutzt wird und ein wirtschaftlicher Schaden droht. Explizite Regelungen zur Vertrauensarbeit variieren je nach Unternehmen. So machen einige Arbeitgeber zeitliche Vorgaben und andere nicht, wiederum andere erlauben Homeoffice ganz, teilweise oder gar nicht.

Arbeitnehmerrechte bei Vertrauensarbeit

  • Arbeitszeiten: Die maximalen Arbeitszeiten, die das Arbeitszeitgesetz vorschreibt, dürfen nicht überschritten werden. Dazu gehört unter anderem, dass Arbeitnehmer höchstens acht Stunden pro Werktag arbeiten dürfen. Bei hohem Arbeitsvolumen sind für kurze Zeit auch zehn Stunden möglich, diese müssen aber innerhalb eines halben Jahres ausgeglichen werden.
  • Ruhezeiten und -pausen: Gemäß Arbeitszeitgesetz haben Beschäftigte ein Recht auf eine mindestens elf Stunden andauernde Ruhezeit zwischen zwei Arbeitstagen. Auch die Pausen während der Arbeitszeit sind einzuhalten. Nach spätestens sechs Stunden steht dem Arbeitnehmer eine Ruhepause zu.
  • Betriebsrat: Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht bei Vertrauensarbeit sowie bei den täglichen Arbeitszeiten, den Pausenregelungen und der wöchentlichen Arbeitszeitverteilung.

Arbeitnehmerpflichten bei Vertrauensarbeit

  • Erledigung von Aufgaben: Auch bei Vertrauensarbeitszeit ist die im Arbeitsvertrag vereinbarte Arbeitszeit grundsätzlich einzuhalten. In der Praxis ist es jedoch so, dass, wenn etwa die Vertrauensarbeitszeit 40 Stunden wöchentlich umfasst, die meisten Arbeitgeber nicht kontrollieren, ob der Arbeitnehmer tatsächlich auf diese Stundenzahl gekommen ist, solange die Qualität seiner Arbeitsergebnisse stimmt.
  • Selbstmanagement: Vertrauensarbeit kann nur funktionieren, wenn Mitarbeiter in der Lage sind, ihre Arbeitszeit selbst einteilen und abschätzen zu können. Den Arbeitnehmenden kommt ein hohes Maß an Eigenverantwortung zu.
  • Einhaltung gesetzlicher Vorgaben: Mitarbeiter haben die Pflicht, gesetzliche Regelungen aus dem Arbeitszeitgesetz einzuhalten. Sie müssen selbstständig auf die Einhaltung ihrer Arbeitszeiten und Ruhepausen achten.

Was passiert mit Überstunden bei Vertrauensarbeitszeit?

Wenn ein Mitarbeiter die vereinbarten Aufgaben nicht in der vorgesehenen Zeit schafft, können auch bei Vertrauensarbeitszeit Überstunden anfallen. Grundsätzlich gilt, Überstunden werden nur dann vom Arbeitgeber vergütet oder durch freie Zeit ausgeglichen, wenn er sie angeordnet oder zumindest davon Kenntnis hat. Das ist bei Arbeitszeit auf Vertrauensbasis jedoch in der Regel nicht der Fall. Beschäftigte leisten hier Überstunden mehr oder weniger freiwillig, um ihre Aufgaben fertigzustellen.

Beschäftigte können ihre Überstunden bei Vertrauensarbeitszeit zu einem späteren Zeitpunkt, an dem beispielsweise weniger Arbeitsvolumen anfällt, mit Freizeit ausgleichen. Bei der Vertrauensarbeitszeit entstandene Minusstunden sind ebenfalls durch den Arbeitnehmer in Eigenregie wieder auszugleichen, indem er an einem Tag zum Beispiel etwas länger arbeitet.

Pflicht zur Arbeitszeiterfassung: Das Ende der Vertrauensarbeitszeit?

Arbeitszeiterfassung bei Vertrauensarbeitszeit

Im Rahmen der Vertrauensarbeit spielt die Arbeitszeit als solche eine untergeordnete Rolle, sodass eine Arbeitszeiterfassung eigentlich nicht erforderlich ist. Das gänzliche Fehlen einer Zeiterfassung widerspricht allerdings dem Arbeitszeitgesetz, das vorschreibt, dass der Arbeitgeber die Zeit, die über die maximale Arbeitszeit von acht Stunden täglich hinausgeht, sowie Sonn- und Feiertagsarbeit dokumentieren muss. In der Regel wird bei Vertrauensarbeitszeit die Zeiterfassung dem Arbeitnehmer überlassen, dennoch bleibt auch bei Vertrauensarbeitszeit die Aufzeichnungspflicht rechtlich gesehen beim Arbeitgeber und er kann bei Verstößen belangt werden.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied im Mai 2019, dass lediglich die Erfassung von Überstunden oder Mehrarbeit nicht hinreichend sei. Der EuGH legte fest, dass sämtliche EU-Mitgliedsstaaten eine gesetzliche Regelung schaffen sollen, aufgrund derer alle Arbeitgeber verpflichtet seien, die kompletten Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter zu erfassen. Das bedeutet, den Arbeitsbeginn, das Arbeitsende, die Pausenzeiten und die Dauer der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer zu protokollieren, soll zur Pflicht auch für deutsche Arbeitgeber werden. Sobald der Bundestag das EuGH-Urteil in ein neues Gesetz verpackt und verabschiedet ab, soll das bislang geltende Recht aus dem Arbeitszeitgesetz abgelöst werden.

Für viele Arbeitgeber stellt sich nun die Frage, ob Vertrauensarbeitszeit verboten wird oder zumindest wie sich die verpflichtende Arbeitszeiterfassung auf Vertrauensarbeitszeit, Gleitzeit oder etwa Homeoffice auswirken wird. Ob die Vertrauensarbeitszeit durch das EuGH-Urteil tatsächlich in Gefahr ist, ist noch nicht abzusehen, denn bislang ist nicht klar, in welcher Form und wie genau die Arbeitszeiterfassung zukünftig erfolgen soll.

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