Bundesgerichtshof: Sparkassen dürfen nur aus sachgerechten Gründen kündigen

Veröffentlicht am in Bank- und Kapitalmarktrecht

Der Bundesgerichtshof (BGH, Urt. v. 05.05.2015, XI ZR 214/14) hat entschieden, dass Sparkassen gegenüber Verbrauchern keine Klauseln verwenden dürfen, wonach sie dazu berechtigt sind, die Vertragsbeziehung ohne Nennung von Gründen zu kündigen. Der Verbraucherschutzverband Schutzgemeinschaft für Bankkunden (SfB) hatte konkret die Formulierung der Sparkasse Nürnberg kritisiert. Die beklagte Sparkasse Nürnberg verwendeten bis vor kurzem die folgende Formulierung in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen:

„Nr. 26 Kündigungsrecht

(1) Ordentliche Kündigung

Soweit keine zwingenden Vorschriften entgegenstehen und weder eine Laufzeit noch eine abweichende Kündigungsregelung vereinbart ist, können sowohl der Kunde als auch die Sparkasse die gesamte Geschäftsbeziehung oder einzelne Geschäftszweige jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Kündigt die Sparkasse, so wird sie den berechtigten Belangen des Kunden angemessen Rechnung tragen, insbesondere nicht zur Unzeit kündigen. Für die Kündigung eines Zahlungsdiensterahmenvertrages (z.B. Girovertrag oder Kartenvertrag) durch die Sparkasse beträgt die Kündigungsfrist mindestens zwei Monate. […]“

Der XI. Senat am Bundesgerichtshof monierte, dass die verwendete Klausel nicht hinreichend klar formuliert sei und danach nach §§ 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB unwirksam ist. Die Karlsruher Richter wiesen darauf hin, dass die Sparkassen, die als Anstalten des öffentlichen Rechts organisiert sind, unmittelbar an die Grundrechte gebunden sind. Sie können daher niemandem eine Kontoeröffnung ohne Darlegung sachlicher Gründe verweigern oder ein bestehendes Konto kündigen.

Insoweit sind sie an den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz und das Willkürverbot aus Art. 3 GG gebunden. Würde die Sparkasse ohne Darlegung eines sachlichen Grundes kündigen, sei eine Kündigung unwirksam – dieser Umstand wird aber nicht durch die verwendete Formulierung „jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist“ nicht hinreichend deutlich, kritisierten die Richter. Die Gründe für eine Kündigung des Girokontos durch die eigene Bank können vielseitig sein. Sie reichen von strafrechtlich relevantem Verhalten, wie dem Missbrauch des Kontos zum Zwecke der Geldwäsche oder des Betruges, bis zu Falschangaben bei der Eröffnung des Kontos – oder aber die Bank befindet sich in einem Interessenkonflikt.

„Vor allem im letzten Fall sollten sich Bankkunden nicht mit einer pauschalen Darlegung der Kündigungsgründe abfinden“, erklärt der Berliner Rechtsanwalt Johannes von Rüden. Kündigungen erfolgen oftmals aus politischen oder wirtschaftlichen Gründen. In einem solchen Fall kann es ratsam sein, die Bank gerichtlich dazu zu zwingen, das Konto fortzuführen. Zu beachten sei allerdings, dass private Banken nicht an einen Kontrahierungszwang gebunden seien, erklärt von Rüden weiter. Private Banken genießen vielmehr Vertragsfreiheit und können, unter Einhaltung der gültigen Kündigungsfristen, Girokonten jederzeit kündigen.