Wie der Berliner Mietendeckel wirkt

Veröffentlicht am in Immobilien- und Mietrecht

Der Berliner Mietendeckel wirkt – und spaltet den Wohnungsmarkt in der Hauptstadt: Eine Analyse der Angebotsmieten in den Berliner Bezirken ergab, dass vom Mietendeckel betroffene Wohnungen in Berlin innerhalb eines Jahres im Schnitt um 8 Prozent günstiger wurden. Nicht regulierte Neubauten verteuerten sich dagegen seit 2019 um 17 Prozent. Am deutlichsten sanken die Mietpreise für Wohnungen in den Bezirken Wedding, Schöneberg und Neukölln. In Hohenschönhausen stiegen sie dagegen.

Der Berliner Mietendeckel ist Ende Februar 2020 in Kraft getreten. Das Gesetz verlangt ein Einfrieren der Mieten von Bestandswohnungen mit Baujahr vor 2014 auf den Stichtag 18. Juni 2019. Zugleich gelten Mietobergrenzen, deren Höhe vom Baujahr, von der Lage und von der Ausstattung der Wohnung abhängt. Das Gesetz soll für mehr bezahlbaren Wohnraum in der Hauptstadt sorgen – und offenbar zeigt der Mietendeckel bereits Wirkung.

Update 15. April 2021: Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat den Berliner Mietendeckel für verfassungswidrig erklärt. Das Land Berlin sei nicht berechtigt, mit dem Mietendeckel einen Sonderweg zu gehen, so die Richter.

Angebotsmieten um 8 Prozent gesunken

Das Portal immowelt hat ermittelt, dass die Angebotsmieten der betroffenen Wohnungen mit Baujahren vor 2014 innerhalb eines Jahres um 8 Prozent gesunken sind. Ein Jahr zuvor wurden für den Quadratmeter durchschnittlich 11 Euro verlangt, aktuell sind es 10,10 Euro. Dafür wurden die Angebotsmieten in den Berliner Bezirken von Januar bis Mai 2020 mit dem Vorjahreszeitraum verglichen. Im selben Zeitraum haben sich die Preise der nicht regulierten Wohnungen – also der Neubauten mit einem Baujahr ab 2014 – um 17 Prozent erhöht.

„Unsere Befürchtungen haben sich leider bewahrheitet: Der Mietendeckel verschärft das Auseinanderdriften am Wohnungsmarkt weiter. Das zeigt das deutlich stärker steigende Mietpreisniveau bei nicht regulierten Neubauten“, kommentiert Prof. Dr. Cai-Nicolas Ziegler, CEO der immowelt AG, die Ergebnisse der Erhebung. Zusätzlich führe der Mietendeckel dazu, dass viele Mietobjekte aufgrund der zu geringen Rentabilität zum Verkauf angeboten und somit dem Mietmarkt entzogen würden. „Die Politik sollte sich daher auf die Schaffung von gefördertem Wohnraum konzentrieren, statt viele private Vermieter in finanzielle Nöte zu bringen“, so Ziegler weiter.

Starker Rückgang in Wedding, Friedrichshain am teuersten

Wie stark die angebotenen Mietpreise gefallen sind, unterscheidet sich von Bezirk zu Bezirk. Den stärksten Rückgang verzeichnet der Bezirk Wedding. Die Preise für Bestandswohnungen sind dort von 2019 bis 2020 um 18 Prozent zurückgegangen. Vor einem Jahr lag dort die mittlere Miete mit 12 Euro über dem Berliner Durchschnitt. Aktuell ist sie mit 9,80 Euro pro Quadratmeter sogar unter die 10-Euro-Marke gefallen. Stark gesunken sind die Mieten auch in Neukölln (15 Prozent), Reinickendorf (11 Prozent) und Tempelhof (10 Prozent).

In 19 von 23 untersuchten Bezirken sanken die Mieten seit Inkrafttreten des Mietendeckels – sogar in den beliebtesten und hochpreisigen Stadtteilen. Im teuersten Bezirk Friedrichshain gingen die Quadratmeterpreise um 5 Prozent auf 14 Euro zurück. In Mitte kosten Mietwohnungen aktuell durchschnittlich 11 Prozent weniger. Noch größere Rückgänge gab es laut der Untersuchung in Schöneberg mit minus 16 Prozent und in Charlottenburg mit minus 13 Prozent.

Foto: Immowelt AG

Nicht alle Bezirke verzeichnen Rückgang der Mietpreise

Die hohen Rückgänge lassen sich damit erklären, dass die Mieten in den vergangenen Jahren wegen der starken Nachfrage explodiert sind. Die Hauptstadt ist von 2011 bis 2018 um über 300.000 Einwohner gewachsen. Dieser enorme Anstieg hat auf dem Mietmarkt dazu geführt, dass sich die Angebotsmieten von den Werten im Mietspiegel entfernt und sogar teilweise verdoppelt haben.

Weil sich das neue Gesetz bei der Festlegung der Miete auf den Mietspiegel bezieht, dreht sich dieser Trend jedoch allmählich wieder um. Unklar ist auch nach wie vor, ob das Gesetz juristisch Bestand haben wird. Vermieter weisen in einigen Inseraten darauf hin, dass die Miete an den Mietendeckel angepasst ist. Sollte das Gesetz gekippt werden, werde die Miete nach oben korrigiert.

An einigen Bezirken gehen die Auswirkungen des neuen Gesetzes vorbei: So ziehen in Hohenschönhausen die Mieten weiter stark an – mit einem Plus von 11 Prozent gibt es hier von allen Bezirken die größte Steigerung. Auch in Weißensee (+1 Prozent) und in Köpenick und Prenzlauer Berg (je 0 Prozent) lassen sich noch keine Rückgänge feststellen.