Whistleblower-Richtlinie im Konzern: Hinweisgebersysteme für Tochtergesellschaften

Für viele Gesellschaften stellt sich die Frage, ob auch für jede Tochtergesellschaft mit mehr als 50 Mitarbeitern eigene Meldesysteme eingeführt werden müssen. Die Europäische Kommission hat diese Frage in zwei Schreiben aus dem Juni 2021 beantwortet und kommt zu einem klaren Ergebnis: Alle Tochtergesellschaften mit mehr als 50 Mitarbeitern müssen ein eigenes Meldesystem vorhalten. Unternehmen mit 50 bis 249 Mitarbeitern dürfen allerdings Ressourcen zur Erforschung des Sachverhaltes teilen.

In einem Schreiben der Europäischen Kommission vom 2. Juni 2021 weist die Kommission darauf hin, dass nach Art. 8 Abs. 1, Abs. 3 Whistleblower-Richtlinie (WBRL) für alle juristischen Personen des privaten Sektors mit 50 oder mehr Mitarbeitern die Pflicht zu Errichtung interner Meldekanäle besteht. In einem weiteren Schreiben vom 29. Juni 2021 heißt es, Art. 8 Abs. 1, Abs. 3 WBRL lasse keinen Raum für Interpretationen.

Europäische Kommission: „Each legal entity with 50 or more workers is required to set up channels and procedures for internal reporting, even where such legal entities belong to a group of companys. Any different interpreatation would be contra legem.“

Dies würde ausschließen, für mehrere Tochtergesellschaften eine zentrale Anlaufstelle auf Gruppenebene zu etablieren. Das sei aus Effektivitätsgründen geboten. Insbesondere habe der Hinweisgeber einen Anspruch auf ein persönliches Treffen, was bedeutet, dass für jeden Standort – auch ausländische Standorte – eine eigene Lösung gefunden werden sollte. Insbesondere kann es für Hinweisgeber, die aus dem Zuliefererbereich kommen, Probleme geben, da diese ausschließlich mit einem der Tochterunternehmen zusammenarbeiten, nicht jedoch mit der Konzerngruppe.

Die Kommission weist darauf hin, dass an unterschiedlichen Niederlassungen unterschiedliche regulatorische Vorgaben gelten können und es aus diesem Grund erforderlich sei, dass jede Tochtergesellschaft ihr eigenes Hinweisgebersystem bereithält.

Weiter führt die Kommission aus, dass Unternehmen zwar die Möglichkeit haben, ein externes Hinweisgebersystem zu betreiben. Aus dem Wortlaut der Richtlinie ergäbe sich allerdings, dass es sich dabei um externe Dritte handeln müsste und zählt dafür beispielhaft externe Plattformen, externe Berater, Prüfer und andere auf. Aus der Formulierung „extern“ würde klar werden, dass damit gerade nicht konzerninterne Stellen gemeint sein können.

Erwägungsgrund 54: Auch Dritte könnten ermächtigt werden, Meldungen von Verstößen im Namen von juristischen Personen des privaten und öffentlichen Sektors entgegenzunehmen, sofern sie entsprechende Garantien für die Wahrung der Unabhängigkeit und Vertraulichkeit, des Datenschutzes und der Geheimhaltung bieten. Bei solchen Dritten könnte es sich um externe Anbieter von Meldeplattformen, externe Berater, Prüfer, Gewerkschaftsvertreter oder Arbeitnehmervertreter handeln.

Artikel 8 Abs. 5 RBRL: Meldekanäle können intern von einer hierfür benannten Person oder Abteilung betrieben oder extern von einem Dritten bereitgestellt werden. Die in Artikel 9 Absatz 1 genannten Garantien und Anforderungen gelten auch für Dritte, die damit beauftragt sind, den Meldekanal für eine juristische Person des privaten Sektors zu betreiben.

Auch Artikel 8 Abs. 6 WBRL könne hier nicht als Rechtfertigung für ein konzernübergreifendes Meldesystem angewendet werden. Danach können juristische Personen des privaten Sektors mit 50 bis 249 Arbeitnehmer für die Entgegennahme von Meldungen und für die möglicherweise durchzuführenden Untersuchungen Ressourcen teilen.

Artikel 8 Abs. 6 RBRL: Juristische Personen des privaten Sektors mit 50 bis 249 Arbeitnehmern können für die Entgegennahme von Meldungen und für möglicherweise durchzuführende Untersuchungen Ressourcen teilen. Dies gilt unbeschadet der diesen juristischen Personen durch diese Richtlinie auferlegten Verpflichtung, Vertraulichkeit zu wahren, Rückmeldung zu geben und gegen den gemeldeten Verstoß vorzugehen.

Diese Ausnahme gelte jedoch nur für Unternehmen, die verschieden seien und zur selben Gruppe gehören („but this applies both to distinct comapanies with no link to each other and to companies that belong to the same group“).

Es soll dem Hinweisgeber anhand der Umstände des Einzelfalls überlassen bleiben, ob er sich mit seinem Hinweis zunächst an das kleinere Tochterunternehmen wendet oder gleich an die Muttergesellschaft.

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