Gretas Death Metal aus urheberrechtlicher Sicht

Veröffentlicht am in Urheberrecht

Greta Thunberg ist in aller Munde. Die einen verehren sie, die anderen verachten sie. Bei der UN in New York hielt Greta eine viel beachtete Rede. Aufgrund der Emotionalität der Rede war sie Gegenstand verschiedenster Betrachtungen in der Presse. In der Rede klagt Greta die Politiker dieser Welt an, sich sofort mehr für den Klimaschutz zu engagieren. Im Nachgang zu dieser Rede stellt sich heraus, dass sich viele gerade an der Emotionalität der Rede stören. Aufgrund des teils negativen Feedbacks in den sozialen Medien hat sich Greta nun über Twitter geäußert.

Auf YouTube kursiert eine Death Metal Version von Gretas Rede mit dem Titel „How Dare you“. Diese Satire-Version der Rede wird immer mehr zum Kult-Hit. Sinngemäß äußert sich Greta auf ihrem Twitter Account : „Ich bin mit diesem Klima-Ding durch…“ – Death Metal statt Klimakampf

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Ein Grund dafür, einmal einzuordnen, ob man das Video und den Text der Rede einfach verwenden und daraus ein Video mit einem Death Metal Text machen kann oder ob hier ein Verstoß gegen das Urheberrecht vorliegt.

Darf ich den Text einer Rede einfach in einem Video verwenden?

Zunächst möchten wir hierzu analysieren, was die Rede eigentlich rechtlich gesehen darstellt. Geschützt sind nach dem deutschen Urheberrecht Reden, wenn sie zu den Sprachwerken zählen; das steht in § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG.
Allerdings werden nur solche Reden von § 2 geschützt, die eine gewisse Schöpfungshöhe aufweisen. Hierzu wiederum müssen 3 Kriterien erfüllt sein:

Drei Kriterien, die Reden als Sprachwerk auszeichnen:

  1. Das Werk muss von einem Menschen geschaffen sein.
  2. Es muss sich um eine geistige Leistung handeln.
  3. Das Werk muss nach außen wahrnehmbar sein.

Keine Probleme bei der Betrachtung machen dabei die Merkmale 1 und 3. Lediglich das Kriterium der geistigen Leistung macht Probleme. Daher ist die Auslegung des Begriffs Schöpfungshöhe auch schon Gegenstand vieler Gerichtsentscheidungen geworden. Um zu verdeutlichen, was Schöpfungshöhe ist, kann Gretas Rede kurz einem Ausspruch des ehemaligen deutschen Bundeskanzlers Gerhard Schröder gegenübergestellt werden. Dieser hatte in einer viel beachteten Autogrammstunde folgenden Satz geäußert: „Hol‘ mir mal ’ne Flasche Bier, sonst streik ich hier – und schreibe nicht weiter.“

So schön und unvergesslich dieser Satz auch ist, dürfte er eher nicht urheberrechtlich geschützt sein, weil er gerade keine Schöpfungshöhe aufweist. Vielmehr handelt es sich um einen Teil einer Unterhaltung, welche nur durch die besonderen Umstände und den berühmten Protagonisten so sehr in Erinnerung geblieben ist.
Gretas Rede besitzt in Abgrenzung hierzu sicherlich die erforderliche Schöpfungshöhe und unterfällt als Rede damit dem Schutz des Urheberrechts. Daher könnte die Vervielfältigung des Textes der Rede durch den Death Metal Song gemäß § 48 gestattet sein.

§ 48 Öffentliche Reden (1) Zulässig ist

  1. die Vervielfältigung und Verbreitung von Reden über Tagesfragen in Zeitungen, Zeitschriften sowie in anderen Druckschriften oder sonstigen Datenträgern, die im Wesentlichen den Tagesinteressen Rechnung tragen, wenn die Reden bei öffentlichen Versammlungen gehalten oder durch öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 19a oder § 20 veröffentlicht worden sind, sowie die öffentliche Wiedergabe solcher Reden,
  2. die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Reden, die bei öffentlichen Verhandlungen vor staatlichen, kommunalen oder kirchlichen Organen gehalten worden sind.
    (2) Unzulässig ist jedoch die Vervielfältigung und Verbreitung der in Absatz 1 Nr. 2 bezeichneten Reden in Form einer Sammlung, die überwiegend Reden desselben Urhebers enthält.

Wie steht es um das Urheberrecht bei Reden auf YouTube?

Hier hat die Verbreitung der Rede jedoch nicht in Tageszeitungen stattgefunden, sondern über YouTube. Daher sind die Macher des Death Metal Videos nicht über § 48 UrhG geschützt.
Schließlich könnte eine sogenannte freie Benutzung des Werkes nach § 24 UrhG vorliegen. Durch diesen Tatbestand wären die Macher des Videos gerechtfertigt und müssten Greta nicht um Zustimmung bitten, den Text der Rede zu verwenden. Abzugrenzen ist die freie Benutzung von der unfreien Bearbeitung.

Hier hat die Verbreitung der Rede jedoch nicht in Tageszeitungen stattgefunden, sondern über YouTube. Daher sind die Macher des Death Metal Videos nicht über § 48 UrhG geschützt.
Schließlich könnte eine sogenannte freie Benutzung des Werkes nach § 24 UrhG vorliegen. Durch diesen Tatbestand wären die Macher des Videos gerechtfertigt und müssten Greta nicht um Zustimmung bitten, den Text der Rede zu verwenden. Abzugrenzen ist die freie Benutzung von der unfreien Bearbeitung.

Problem der Übernahme des kompletten Textes aus der Rede

Problematisch bei dem Death Metal Video ist sicherlich, dass hier der komplette Redetext unverändert übernommen wird. In Bezug auf den Inhalt der Rede entsteht daher nichts Neues.

Es ist allerdings nicht zwingend erforderlich, dass das ursprüngliche Werk verändert wird. Auch eine unveränderte Übernahme in ein neues Werk ist möglich. Dies gilt vor allem dann, wenn sich das neue Werk mit der benutzten Vorlage kritisch auseinandersetzt, wie dies etwa bei einer Parodie, aber auch einer auf die Vorlage bezogenen Satire der Fall ist.
Gretas Stimme wird verfremdet und in den Death Metal typischen Sound verwandelt. Im Death Metal nennt man diese Art von Sound „Growling“ oder auch „Grunt“; die Stimme hört sich nach der Veränderung völlig anders an und ist nicht mehr wiederzuerkennen.

Entscheidend ist auch in einem solchen Fall, ob das neue Werk zu dem aus der Vorlage Entlehnten einen so großen inneren Abstand hält, dass es seinem Wesen nach als selbständig anzusehen ist. (BGH, Urteil v. 13.04.2000, Aktz.: I ZR 282/97). Wenn man sich das Ergebnis unvoreingenommen anhört, also nicht weiß, um welchen Text es sich handelt, wird man ihn kaum als den Text von Greta erkennen. Zudem nennt der Macher des Videos auch die Quelle des Textes. Unter dem YouTube Video heißt es:
“All music written and performed by John Mollusk. Inspired by, and all lyrics by Greta Thunberg.”

Wir kommen daher zu dem Ergebnis, dass eine freie Benutzung vorliegt und sehen keinen Urheberrechtsverstoß. Man kann mit guten Argumenten jedoch sicherlich auch zu einem anderen Ergebnis kommen.